„Das Fahrrad ist auch in der Krise ein attraktives Fortbewegungsmittel“
Seit einem Monat fragen wir an dieser Stelle bei den unterschiedlichsten Personen der Bike- und Skibranche nach, wie sie die Herausforderungen der Corona-Krise empfinden und wie sie ihnen begegnen: Rider, Fotografen und Autoren, die Industrie selbst, Touristiker und viele mehr kommen zu Wort. Heute im Interview: Dominik Voss, Marketing und PR beim Komponenten-Hersteller Magura.Bergstolz: Hallo Dominik, wie geht es Dir, Deiner Familie und Deinem Team?Uns geht es gut und unser Team ist von dem Virus gesundheitlich nicht betroffen. Die aktuelle Situation ist natürlich sehr ungewohnt. Normalerweise würden wir nun unsere Produktneuheiten bei den Saisonstarts beim Sea Otter Festival, in Riva oder Winterberg präsentieren. Stattdessen ist unser Team aktuell im Home Office tätig und unsere letzte Produktneuheit, das neue
MCi Conceptbike, haben wir rein digital vorstellen müssen.
Durch den Wegfall von Events ist privat wie auch geschäftlich Zeit für andere Dinge. Die Saison hat meist einen sehr starren Ablauf, der nun durch Corona ordentlich durcheinander kommt. Das gibt uns die Möglichkeit, unsere Kapazitäten in Projekte zu stecken, die sonst gerne auch mal dem Zeitdruck des Saisonstarts zum Opfer fallen. Wir werden unter anderem die Angebote auf unseren digitalen Kanälen ausbauen. Zuletzt haben wir auf unserem Instagram Kanal eine breit angelegte Videoserie präsentiert, in der unsere Athleten wie DH Weltmeister Loic Bruni, Danny MacAskill oder auch Fabio Wibmer ihre Bikes vorstellen und wertvolle Tipps zur Bremseneinstellung geben. Völlig unzensiert und direkt von zuhause. Wir sind offen, neue Ideen umzusetzen.
Privat sind wir froh, auch weiterhin die Trails der Schwäbischen Alb befahren zu dürfen. Die beste Art um abzuschalten – natürlich mit angezogener Handbremse, um Verletzungen zu vermeiden und das Gesundheitssystem nicht zu überlasten.
Bergstolz: Kannst Du uns die aktuelle Situation bei Euch im Unternehmen, bei Euren Zulieferern und Vertriebspartnern beschreiben? Wie geht es Euren Mitarbeiter/innen?Im Moment ist unsere oberste Priorität, unsere Mitarbeiter zu schützen aber gleichzeitig auch unsere tägliche Arbeit so gut wie möglich aufrechtzuerhalten. Zum Schutz unserer Mitarbeiter, unseres Unternehmens und auch unserer Partner haben wir bereits ab dem 12. März, also noch vor den offiziellen Schulschließungen, geeignete Maßnahmen getroffen, darunter Home Office Regelungen und Mehrschichtsysteme.
Ein Teil unserer Mitarbeitenden ist unter verschärften Schutzmaßnahmen weiterhin bei uns vor Ort tätig, um Bestellungen und Servicefälle zu bearbeiten. Es kommt aktuell in Deutschland nur punktuell zu Lieferschwierigkeiten und es treten nach aktuellem Stand keine großflächigen Engpässe bei Magura auf.
Seit der Wiederöffnung der Fahrradläden in Deutschland spüren wir im Aftermarket wieder eine sehr starke Nachfrage. Die Bevölkerung hat durch Kurzarbeit in der Corona Krise nun auch mehr Zeit und geht immer mehr aufs Rad. Neben der Freizeitbeschäftigung ist die Bevölkerung jetzt besonders auch im Alltag stark auf das Fahrrad angewiesen, um so den ÖPNV wie Bus und Bahn zu vermeiden und gefährliche Kontaktpunkte zu umgehen.
Es ist besonders jetzt Aufgabe von Magura, bei Servicefällen für eine schnelle Ersatzteilverfügbarkeit zu sorgen. Um das zu erreichen haben wir mit unseren Fachhändlern geeignete Regelungen getroffen, damit sie auch kleine Mengen schnell bestellen können. Dies soll die Abwicklung beschleunigen, um die nun auf das Rad angewiesene Bevölkerung direkt zu bedienen oder Räder noch schneller zu reparieren. Wir sind im stetigen Austausch mit dem Fachhandel und möchten in dieser wichtigen Zeit gezielt unterstützen.
Als zweite Maßnahme haben wir uns mit einem Spezialisten in der Herstellung von Hygieneschutzprodukten zusammengetan. Unsere Händler können nun stark vergünstigt Niesschutzwände, Masken und andere Produkte bestellen, um sich selbst und Kunden zu schützen. Wir wollen ihnen helfen, die neuen Hygieneanforderungen zu bedienen, damit sie sich weiter auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.
Bergstolz: Wie geht Ihr mit dieser Krise und dieser wirtschaftlichen Herausforderung um?Durch die Schließung örtlicher Fachhändler kam es zu Umsatzeinbußen aber seit der Wiederöffnung sind die Zahlen stark steigend. Das Fahrrad ist auch in der Krise ein attraktives Fortbewegungsmittel und Freizeitbeschäftigung. Eine konkrete Aussage zur wirtschaftlichen Situation können wir aber aktuell noch nicht treffen.
Bergstolz: Konntet Ihr Eure Produktion umstellen (Schutzausrüstung oder Desinfektionsmittel produzieren) oder engagiert Ihr Euch anderweitig?Die Corona Krise sorgt bekanntermaßen bei einer Vielzahl von Pflegediensten für einen gravierenden Mangel an Schutzkleidung. Zur Unterstützung von Pflegekräften produzieren Magura Mitarbeiter seit mehreren Wochen per 3D Druckverfahren auch Schutzvisiere, die ergänzend zur Atemschutzmaske eingesetzt werden können. Die erste Verteilung an Pflegedienste der Region Schwäbische Alb ist bereits gestartet. Wir freuen uns, so einen kleinen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie zu leisten.
Bergstolz: Wagst Du einen Ausblick? Wie läuft die Saison 2020 an und wird es noch Events und Rennen geben?Unser Herz hofft natürlich auf einen baldigen Saisonstart, damit wir bei Events und Wettkämpfen wieder unsere Produkte präsentieren und erleben können. Einen klaren Ausblick zu wagen fällt aber schwer. Die aktuellen Verschiebungen von Großveranstaltungen wie der Eurobike und den Weltcups geben wohl den besten Ausblick darauf, dass wir zum Schutz aller wohl aktuell noch länger auf Bikeevents verzichten werden.
Bergstolz: Vielen Dank für das ausführliche Gespräch Dominik! Wir wünschen Euch alles Gute und sehen uns hoffentlich bald mal wieder!www.magura.com