bergstolz

Ski local im "Koasa"


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Da stehen wir also wieder einmal an der Fritz-Pflaum-Hütte im Griesner Kar – der Wind pfeift uns um die Ohren, es ist frisch und es schneit seit Stunden. Nach Skifahren schaut es heute mal so gar nicht aus. Wir machen es uns also erstmal in der kleinen, wohlvertrauten Stube der Schutzhütte gemütlich, trinken Kaffee und schaufeln die Fensterläden frei.

Schnell werden Erinnerungen wach: Nicht erst seitdem meine Freundin Kathi und ich auf der anderen Seite des Wilden Kaisers in Kufstein wohnen und diesen kleinen, aber äußerst feinen Gebirgszug, von der Haustüre aus erkunden, verschlägt es uns regelmäßig hier her. Eine unserer allerersten gemeinsamen Touren führte uns auf die Westliche Hochgrubachspitze, deren Abfahrt vom Schönwetterfensterl auch zugleich meine erste „ernstzunehmende“ skialpinistische Unternehmung darstellte. Losgelassen hat mich seitdem weder die Faszination fürs Skibergsteigen, noch die diversen Rinnen im Kaiser, noch die Freundin.

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[DA KOASA]

Der Kaiser, oder im einheimischen Idiom „da Koasa“, beziehungsweise genauer noch der Wilde Kaiser – das sind die markanten und imposanten Felsgipfel, die sich im Inntal linkerhand erheben wenn man die A93 von Rosenheim in Richtung Kufstein fährt. Vorgelagert im Norden befindet sich sein zahmer Bruder, der sich von Kufstein bis nach Walchsee zieht. Zwischen diesen beiden Gebirgszügen eröffnet sich das Kaisertal, das 2016 zum „schönsten Platz Österreichs“ gewählt wurde.

Als Wander- und anspruchsvolles Kletterziel hat sich der Kaiser schon lange einen Namen gemacht. Totenkirchl, Fleischbank oder Predigtstuhl lockten bereits Ende des 19. Jahrhunderts die Crème de la Crème der Kletterer in die Kalkwände des Wilden Kaisers. Aber Skifahren?

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Bereits 1963 wurde das gesamte Kaisergebirge – also sämtliche Gipfel des Wilden und Zahmen Kaisers und alles, was dazwischen liegt, zum Naturschutzgebiet erklärt. So wurde der Gebirgszug nie durch Liftanlagen erschlossen. Wobei das nicht ganz richtig ist: Zwischen 1952 und 1998 konnte man von Kufstein aus mit dem Kaiserlift bis aufs Brentenjoch bzw. bis zu seiner Schließung noch weiter auf den Steinberg fahren. Dort, am Steinberg, und vom 1.204 Meter hohen Brentenjoch über den Stadtberg ins Tal, zogen sich ein paar wenige Pisten und das kleine Kufsteiner Skigebiet. Heute fährt der sanierte Lift ausschließlich im Sommerbetrieb. Und im Winter pilgern die Skitourengeher bei ausreichender Schneelage tagsüber und am Abend aufs Weinbergerhaus, das sich direkt auf dem Brentenjoch befindet und einen Ausblick über das Inntal gewährt, den man sich nicht entgehen lassen sollte (Was man sich übrigens auch nicht entgehen lassen sollte, ist die Küche am Weinbergerhaus!).

Dieser kurze Exkurs macht klar: Skifahren ist im Kaiser ausschließlich möglich, wenn man selber aufsteigt. Das kann man mehr oder weniger direkt vom Stadtzentrum aus über die ehemaligen Skipisten – eine vergleichsweise harmlose Unternehmung. Von der Südseite und Scheffau, Ellmau oder Going aus sieht das schon anders aus: Hier warten etliche der klassischen Kaiser-Skitouren, vom Ellmauer Tor bis zur Kopfkraxen. Auch der Einstieg in den Kaiserexpress – eine Durchquerung des Kaisergebirges auf Ski – erfolgt von hier aus. Auf der Nordseite lädt vor allem im Frühjahr, wenn die Mautstraße zur Griesner Alm im Kaiserbachtal geöffnet ist, das Griesner Kar zum Skitourengehen ein. Und genau hier, in der Fritz-Pflaum-Hütte, trinken Kathi und ich Kaffee und warten darauf, dass sich Wetterbesserung einstellt.

[Ein Schönwetterfensterl]

Gegen frühen Nachmittag wird es ein wenig ruhiger vor der Hütte und die dicken Wolken geben immer wieder den Blick frei auf das „Schönwetterfensterl“. Unberührt einladend und zugleich düster und abweisend liegt diese Rinne vor uns und wir beschließen zumindest mal einen ersten Versuch zu starten. Dabei wollen wir uns außerdem ein genaues Bild von den Verhältnissen vor Ort machen. Ein Schneeprofil in sicherem Gelände gibt uns Vertrauen in die Schneedecke, die Schneeverfrachtungen in der Rinne können wir erst weiter oben beurteilen, also geht es weiter aufwärts. Das Gelände ist uns vertraut, auf Fellen kommen wir gut voran und schnallen kurz darauf, als der Hang ansteilt, die Ski auf den Rucksack.

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Doch jetzt geht gar nichts mehr gut voran: Der Schnee ist so weich und tief, dass wir Mühe haben einen Fuß vor den anderen zu setzen. Gut eine halbe Stunde kämpfen wir uns nach oben, müssen aber bei einsetzender Wetterverschlechterung und immer stärker werdender Spindrift einsehen, dass wir heute wohl keine Chance haben werden. Vielleicht ja morgen… Wir fahren ab und richten uns in unserer Basisstation auf 1.868 Metern Seehöhe ein.

Und tatsächlich: Nach einem entspannten Hüttenabend und einer erholsamen Nacht, werden wir am nächsten Morgen von dem angekündigten Schönwetter und einem herrlichen Sonnenaufgang empfangen. Unsere Spuren vom Vortag sind nur noch spärlich zu erkennen und in dem Wissen um Wind und Neuschnee der vergangen Nacht sind unser Sinne geschärft.

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Doch heute ist er gutmütig mit uns, da Koasa: Die Stapferei ist zwar immer noch wahnsinnig anstrengend, der Schnee jedoch größtenteils unverbunden. Eine Befahrung des Schönwetterfensterls bei perfekten Bedingungen wartet auf uns und macht uns die Schritte bergauf leichter. Die Belohnung ist zum Greifen nahe: Tatsächlich haben wir all die letzten Jahre nie so viel Schnee hier gesehen und gerade der obere Teil, der sonst oftmals eine ausgefahrene, harte und enge Rinne ist, gibt sich heute als breites Couloir und lädt zum Fetzen ein.

Während wir uns in der kleinen Scharte bereit zur Abfahrt machen und hinunterblicken ins Kar, nähern sich die ersten Skitourengeher aus dem Tal der Fritz-Pflaum-Hütte. Ein Grinsen können wir uns da wirklich nicht verkneifen, immerhin ist die First Line fest in unserer Hand. 3,2,1 – go! Die Mischung aus Adrenalin, Endorphin und purer Freude, die in uns munter werkelt und uns das Grinsen ins Gesicht betoniert, müssen wir wohl keinem Skifahrer erklären. Was für eine Sensation! Eine derart traumhafte Linie bei derart unwiderstehlichen Bedingungen quasi vom Wohnzimmer aus zu befahren ist der absolute Wahnsinn!

Mit dem Blick auf unsere Spuren entscheiden wir als eingespieltes Team, ohne auch nur ein Wort miteinander gesprochen zu haben, was wir als nächstes tun werden: Auffellen und den nächsten Hang anspuren. Es gibt noch viel zu tun heute, fertig sind wir noch lange nicht…

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Interview

Ski Local? Ski Local!
Max Draeger unterstützt die Ortovox-Kampagne Ski Local. Wir haben ihm dazu noch ein paar Fragen gestellt.

Hi Max! Ski Local – was heißt das für Dich?

Ski Local bedeutet für mich, das Skiabenteuer in den heimischen Bergen zu suchen und den Tourenzielen in der näheren Umgebung mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Abseits der Trend-Gipfel lässt sich da nämlich so das ein oder andere Schmankerl entdecken, was sonst die wenigstens auf dem Schirm haben. Allein am Gipfel zu stehen, die erste Spur in den Hang zu ziehen und dann nicht 3 Stunden nach Hause zu fahren - das ist Ski Local. Dafür steh ich gern sehr früh auf oder starte mal bei weniger idealen Wetterverhältnissen.

Und was möchte Ortovox mit diesem Aufruf erreichen?

Ski Local ist mehr als nur eine Marketing-Kampagne. Es ist der gemeinschaftliche Aufruf, sich seiner Verantwortung beim Skitourengehen bewusst zu werden und rücksichtsvoll mit der Natur und den Mitmenschen umzugehen. Das beinhaltet Offensichtliches und Selbstverständliches, wie den Müll mit ins Tal zu nehmen, Schutz- und Ruhezonen zu beachten, aber auch Stoßzeiten zu meiden und seine Erfahrungen als "Local" zu nutzen um stark frequentierte Routen zu umgehen. Zu guter Letzt steckt es natürlich im Wort "local" - Skitourengehen in der näheren Umgebung, wobei das natürlich für jeden etwas anderes bedeutet...

Wie schaffe ich es, ein lohnendes Bergabenteuer mit dem Anspruch „Ski Local“ unter einen Hut zu bringen?

Gerade daheim starten wir gerne auch mal bei weniger optimalen bzw. unklaren Verhältnissen, schauen mal "ob was geht" - das resultiert oft in den intensivsten Bergerlebnissen, funktioniert aber nur, weil ich daheim die Gegebenheiten viel besser einschätzen kann und zu guter Letzt auch nicht mehrere Stunden An- und Abfahrt in Kauf nehmen muss. Wichtig ist natürlich, dass man über das nötige Know How verfügt und auch die Bereitschaft mitbringt zu scheitern.

Wer in den Alpen wohnt, tut sich relativ leicht mit „Ski Local“. Wie kann auch jemand mit weiter entferntem Wohnort Verantwortung übernehmen?

Ski Local heißt nicht hinter der Haustüre losgehen zu müssen. Ich denke jeder kann irgendwo "Local" sein und sein Wissen über eine Region dementsprechend nutzen, ganz egal wie weit weg. Natürlich lässt sich auch die Anreise nachhaltiger gestalten, wenn man beispielsweise mit der Bahn, dem Bus oder vielleicht sogar mit dem Rad anreist.

Was kann ich, was kann jede und jeder Einzelne tun, um unsere direkte Umwelt zu erhalten?

Bewusste Tourenplanung, regionale Infrastrukturangebote nutzen, Müll mitnehmen, Schutzzonen respektieren und Rücksicht nehmen auf Andere. Zu guter Letzt: mehrere Tage vor Ort bleiben und somit das meiste aus der eventuell langen Anreise rausholen - für dich und die Umwelt ;)

Vielen Dank für deine Tipps und Deine Zeit!

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Infobox

// ANREISE

Mit dem Auto von München A8 bis Rosenheim – A93 Richtung Kufstein, je nach Ziel

  • Ausfahrt 59 Oberaudorf auf der B172 nach Kössen - B176 bis Griesenau
  • A12 Ausfahrt 1 Kufstein Nord – Parkplatz Kaiserlift
  • A12 Ausfahrt 2 Kufstein Süd – B173/B178 Richtung St. Johann
  • Mit dem Zug je nach Ziel nach Kufstein oder St. Johann in Tirol und mit Ski- oder Postbus weiter zum Startort

// ÜBERNACHTUNG

Rund um den Wilden Kaiser finden sich zahllose Unterkünfte aller Kategorien. Am besten bei den jeweiligen TVBs anfragen.

www.wilderkaiser.info

www.kufstein.com

// FRITZ-PFLAUM HÜTTE

Die Fritz-Pflaum-Hütte auf 1.866 Metern ist eine unbewartete Selbstversorger-Hütte der Alpenvereinsektion Bayerland. Die kleine Hütte befindet sich im Griesner Kar, welches sich wie ein Hufeisen um den isolierten Mitterkaiser legt.

Reservierungen: fritzpflaum@alpenverein-bayerland.de

// WEINBERGHAUS

Das Weinbergerhaus ist eine privat betriebene Schutzhütte direkt am Brentenjoch, dem höchsten Punkt des Kufsteiner Stadtberges. Sie ist das Ziel der Hausrunde einheimischer Skitourengeher, aber auch ein hervorragender Ausgangspunkt für Touren aller Art auf der Nordseite des Wilden Kaisers. weinbergerhaus.at

// MAX DRAEGER

Ortovox-Athlet Max Draeger beschloss direkt nach dem Schulabschluss, seine beiden Leidenschaften – Fotografie und Bergsport – zu kombinieren und sich selbstständig zu machen. Er lebt im Inntal und arbeitet „am liebsten weit weg von Liftanlagen, Heli-Landeplätzen und Bikeparks“. maxdraeger.com




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