Rider Profile - CARO NORTH
Bleibt einem mit diesem Nachnamen eigentlich eine andere Wahl, als hoch hinaus zu wollen? „Das ist wahrscheinlich so“, lacht Caro North im Interview. Die 29-jährige Profi-Alpinistin wusste schon früh, was sie mal werden wollte: „Auf der Schule wurde ich ausgelacht, wenn ich sagte, dass ich Bergführerin werde. Klingt in Darmstadt wahrscheinlich auch ziemlich verrückt.“
„Mein Leben ist sicher eines der Extreme“
So abwegig für Caro, die in La Tzoumaz in der Nähe von Verbier lebt, dann aber doch wieder nicht: Sie wurde in der Schweiz geboren und stand im zarten Alter von drei Jahren auf Ski. Mit ihren Eltern, selbst begeisterte Outdoormenschen, unternahm sie schon als Kind viele Hüttentouren und landete so beim Klettern: „Meinen Eltern fiel auf, dass mir vor allem Kletterpassagen unheimlich Spaß machten, da haben sie mich beim Alpenverein angemeldet. Als Jugendliche habe ich an Wettkämpfen teilgenommen, aber für mich war schnell klar, dass ich lieber draußen unterwegs bin“, erinnert sie sich. Auf Bergtouren mit der Jugendgruppe des AV folgte schon mit 16 ihre erste Expedition – zum Aconcagua in Argentinien. „Es ist vielleicht ungewöhnlich, aber meine Eltern haben mich voll unterstützt. Sie mussten ja auch alle Unterlagen für mich unterzeichnen, damit ich überhaupt hin konnte“, erzählt sie, „Meinen Eltern verdanke ich, dass sie mir das Fenster zum Profi-Bergsport aufgemacht haben.“
Caro war auf den Geschmack gekommen: „Das war für mich echt «Wow!».“ Sie unternahm weitere Expeditionen und landete schließlich im Expeditionskader des DAV. „Das war im Nachhinein eine extrem coole Zeit für mich. Wir haben unheimlich viel zusammen unternommen und ich konnte vor allem im Eis und Mixed-Gelände sehr dazulernen. Der Expedkader war mein Sprungbrett in den Profi-Alpinismus.“ Ihren Namen in der Szene machte sie sich mit der Besteigung des Cerro Torre 2015: „Wir waren die erste freie Frauenseilschaft, und es hat drei Anläufe gebraucht. Als wir es dann endlich geschafft haben, war das ein überwältigendes Gefühl.
Als wären all die erfolgreichen Begehungen und Expeditionen nicht genug, hat Caro North ihrem Leben ein weiteres Kapitel Profi-Bergsport hinzugefügt: Sie ist zertifizierter IFMGA Mountain Guide und hat die Bergführer-Ausbildung in der Schweiz in Mindestdauer absolviert – als einzige Frau ihres Jahrgangs. „Zu Beginn waren wir noch mehrere Mädels, aber am Ende war ich die Einzige, die immer alle Module bestanden hatte. Für mich war das nie ein Problem, allein mit 30 Männern bei den Ausbildungskursen. Sowohl Ausbildner als auch meine Kollegen haben mich immer gleichbehandelt, was mir sehr geholfen hat. Trotzdem wäre es manchmal schön gewesen, ein anderes Mädel zum Reden zu haben“, lacht sie.
Corona hat 2020 auch ihr, die am liebsten unterwegs und weit weg ist, um „neue Berge, neue Kulturen und Menschen kennenzulernen“, eine Zwangspause verordnet. „Die mir ehrlich gesagt, gutgetan hat. Ich war gezwungen mal ruhiger zu machen und habe mir endlich auch die Zeit genommen, mich mit mir selbst zu beschäftigen. In den beiden Jahren davor habe ich etliche Freunde in den Bergen verloren, konnte mich aber nie richtig damit beschäftigen, weil ich ständig unterwegs war“, wird sie ernst. „Aber ich hab auch viel in der Schweiz gemacht. Es gibt hier noch viel zu entdecken, da gehen mir die Ideen noch nicht so bald aus.“ Wieder fröhliches Lachen.
Dass ihre Unternehmungen und ihr Leben vielen extrem erscheinen, kann sie nachvollziehen: „Extrem ist ein großes Wort, aber mein Lebensrhythmus unterscheidet sich schon sehr: Ich bin oft monatelang unterwegs, erlebe so viel und sammle so viele Eindrücke, und wenn ich nachhause komme, ist da alles immer noch normal, so wie immer. Nach diesen wahnsinnig intensiven Wochen, in denen ich auch meinem Körper alles abverlange, kommt immer auch ein Tief. Denn mein Körper holt sich zurück, was er braucht. Mein Leben ist sicher eines der Extreme, bei mir kommen komplette Hochs auf komplette Tiefs. Aber das suche ich auch, immer in der Mitte bleiben, das bin ich einfach nicht.“
Im Gespräch wirkt Caro dennoch stets bodenständig, nahbar und reflektiert – was vielleicht auch an den kleinen Dingen liegt, die sie erzählt: „Das Schönste am Heimkommen ist, Freunde und Familie wieder zu treffen. Und meine Mama fragt mich dann auch immer, was ich gerne zu essen haben möchte.“ Nicht anders als bei den meisten anderen Menschen also.
Beruflich geht es für die zielstrebige Alpinistin ohnehin hoch genug hinaus: „Es gibt noch so viel, das ich entdecken möchte. Ich möchte mehr mit dem Segelboot reisen, anstatt zu fliegen, vom Boot aus auf Baffin Island und in Grönland zum Klettern. Und ich will unbedingt nochmal in die Antarktis, da gibt es noch viel zu tun“, lacht sie. „Ich bin bereit dafür.“