bergstolz

Sinnfindung im Himalaya


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Dünne Luft, harte Route

Ein richtig cooles Bike-Abenteuer, das wär’s! Wer träumt nicht davon? Bike-Bergsteiger und Extrem-Biker Harald Philipp ist Abenteurer von Beruf. Er hat den Gletscher am Monte Cevedale in den Dolomiten mit dem Bike befahren, schwindelerregende Klettersteige in der Brenta, krasse Karst-Trails in den Berchtesgadener Alpen und steile Schotterreiß’n im Karwendel. Gibt es noch eine Steigerung?

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In seinem neuen Vortrag und Buch „PFADFINDER“ gibt Harald zu: „Die Konsequenz permanenter Flirts mit dem Abgrund wäre, dass ich mich immer öfter in Situationen brächte, für die ich eines Tages unweigerlich mit dem Leben bezahlen würde.“ Eine Überlegung, die ihn dazu veranlasst, immer öfter auch Pfade jenseits des „Höher, Schneller, Weiter“ einzuschlagen. Wege, die in ihm die Erkenntnis haben reifen lassen: „Für großartige, bereichernde Erfahrungen muss man längst nicht immer ans absolute Limit gehen.“

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Einige der Wege in seinem Buch „Pfadfinder“ führen Harald in den Himalaya. Viele Alpinisten finden dort ihr Shangri-La, ihr Paradies. Alleine die Dimensionen sind berauschend: Gipfel, vor denen selbst die größten Felsgiganten der Alpen wie Zwerge wirken. Wäre das nicht auch ein Eldorado für Bike-Abenteurer? Ein Gedanke, der Harald nicht mehr aus dem Kopf geht. Anfang 2015 recherchiert er im Internet, findet Bilder von staubigen Wüstentrails vor endlos hohen Gletscherwänden, von saftig grünen Reisterrassen, idyllischen Dörfern, barfüssigen Sherpas mit Packsäcken am Rücken und Freudenfalten im Gesicht, von kleinen Kindern, die Bikern hinterherlaufen, und von bunten Gebetsfahnen vor tiefblauem Himmel. Welch ein Traum! Harald will genau das – und noch viel mehr…

Er beginnt zu planen. Mit Trial-Profi Tom Öhler und Mandil findet er die passenden Verbündeten. Mandilist Nepali, hat in Europa studiert, ist ein begnadeter Biker und erfahrener Tourenorganisator. Haralds Devise: „Wenn schon Himalaya, dann richtig!“ Wie schon oft in den Alpen, möchte er Trails erkunden, die noch kein Biker zuvor unter die Stollenreifen genommen hat. „Tourist zu sein, das wäre schrecklich“, sagt er. „Einfach nur zu konsumieren – pfui! Wir wollen ein richtiges Abenteuer erleben. Wir wollen entdecken,was andere nicht sehen.“

Nach einigen Skype-Konferenzen, unzähligen E-Mails und stundenlangem Surfen auf Google Earth steht derPlan: ein Biketrip im Expeditionsstil. Mit zwei Guides und fünf Trägern, von Gosainkund im nepalesischen Langtang Nationalpark nach Kathmandu. Die Ankunft ist für Harald ernüchternd. Es ist Vormonsunzeit. Wie ein permanenter sepia getönter Nebelschleier hängt der Smog über dem südlichen Himalaya. Die Tristesse ändert sich auch in den Bergen nur wenig. Vorbei an trostlosen Wellblechhütten buckeln Harald und Tomihre Bikes bis auf über 4.000 Meter. Ohne ausreichende Akklimatisierung wird jeder Schritt nicht nur zu einem körperlichen, sondern auch zu einem mentalen Durchhaltetest. Hinzu kommen Magenprobleme. Und auch im Team mit Trägern unterwegs zu sein, stellt Harald auf die Probe. Spontane Routenänderungen sind so nicht möglich. Ein paar Ruhetage mit kleineren Bike-Ausflügen an den Gosiankund Seen heben vorübergehend die Laune. Nach drei Tagen zieht die Karawane weiter. Hinauf zum Laurabina Passauf 4.650 Meter. Ab hier geht es nur noch abwärts, glaubt Harald. Doch weit gefehlt! Die Tour gleicht einer zehntägigen Alpenüberquerung, bei der es genauso viel rauf wie runter geht – und fast alles nur über üble Steinstufen, größtenteils unfahrbar. Der vermeintliche Traumtrip wird zum Alptraum.

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Erst die letzten 400 Höhenmeter auf Mandils Hometrail hinab nach Katmandu versöhnen Harald. Ein schwacher Trost. Desillusioniert und frustriert tritt er den Rückflug an. Er hadert mit sich und seinen Vorstellungen. „Wollte ich nicht dort biken, wo noch keiner zuvor war? Wollte ich nicht das pure, wilde Nepal erleben?“ fragt er sich. „Ich habe genau das bekommen.“ Langsam beginnt er zu verstehen: „All die ernüchternden Erfahrungen waren einfach nur die Quittung für die Arroganz, mit der ich an mein Projekt Nepal herangegangen bin. Ich dachte, ich könnte alles so machen wie zuhause in den Alpen, alles wäre so wie dort, nur noch großer, noch schöner.“ Und langsam begreift er auch: „Wir lassen uns durch die Bilder aus dem Internet zu oft verführen. Sie zeigen alles perfekt. Wir wollen es dann genau so erleben. Der Kontrast zwischen der Realität und den Bildern in meiner Fantasie führte zu einem heiklen Experiment, zu völligfalschen Erwartungen. Wäre ich ohne diese Bilder im Kopf losgezogen, hätte ich vielleicht alles ganz anders empfunden.“

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„Himalaya – nie wieder!“ ist Harald versucht zu denken. Doch gleichzeitig findet er: „Das kann es noch nicht gewesen sein!“ Anderthalb Jahre später sitzt er zusammen mit Hüttenwirt Martin Falkner, einem langjährigen Bike-Freund, wieder im Flieger nach Kathmandu. Martin war noch nie im Himalaya, doch die Einstellung, mit der er an das Projekt Himalaya Zwei herangeht, imponiert Harald: mit unvoreingenommener, grenzenloser Neugier statt mit überhöhten Erwartungen. „Mit Gewalt auf spektakuläre Gipfel zusteigen, macht keinen Sinn“, hat Harald nun auch eingesehen. Die Wahl seiner Ziele ist demütiger. Und prompt werden die Traumbilder Realität. Ein erster Akklimatisierungs-Trip in der Annapurna-Region liefert genau das, was Harald auf der ersten Himalaya-Tour vermisst hat: staubige Trails in karger, baumloser Berglandschaft, im Hintergrund gigantische weiße Berge, im Tal einladende Dörfer, herzliche Menschen, grüne Reisterrassen und Klöster, vor denen in glasklarer Luft bunte Gebetsfahnen wehen.

Es ist, als würde Harald nun für seine Einsicht belohnt, nichts erzwingen zu wollen. Er hat erkannt: „Es geht darum offen zu sein, die Dinge auf sich zukommen zulassen. Natürlich wirken großartige Landschaften, einperfekter Trail, ein idyllisches Dorf anziehend auf uns. Doch oft ist es gerade der Bruch mit diesen Idealen, der das Abenteuer ausmacht.“ Zusammen mit Lila, einem Sherpa, der schon auf Martins Hütte in Österreich gearbeitet hat, reisen Harald und Martin noch tiefer hinein in den Himalaya. Die Siedlungen der Dolpo-Region reichen bis auf 4.300 Meter und zählen zu den höchstgelegenen, permanent bewohnten Gebieten der Welt. Von dort führen nur noch Eselspfade und Wanderwege weiter hinein in die Berge.

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Mit Lilas Hilfe finden sie Routen mit passablen Wegen. Tagelang steigen sie ein Tal hinauf – und haben dennoch nie das Gefühl wirklich oben anzukommen. Bisweilen kommt sich Harald vor wie ein alpiner Sisyphos. Doch selbst als ihn die Höhenkrankheit erwischt, verliert er nicht den Mut. Auf den einsamen Himalaya-Pfaden dämmert es ihm, dass die wahren Abenteuer solcher Reisen anderswo stattfinden: in den Begegnungen mit Menschen. Mit dem alten Mann, neben den sich Harald wortlos setzt, und wortlos in dessen wettergegerbtes Gesicht lächelt, bis beide schmunzelnund das Gefühl haben, sich schon ewig zu kennen. Mit den johlenden Kindern, die Harald kilometerweit hinterherlaufen, um sich schließlich auf sein Bike zuschwingen. Mit der einfachen Familie im Bergdorf Kageni, deren Küche für ein paar Tage Haralds und Martins Zuhause ist. In zwei Wochen fahren die beiden Abenteurer zwei Trails. „Wenn ich die Touren nur an Höhenmetern, Trail-Kilometern und meinem Adrenalinspiegel messen würde, wäre ich besser in den Alpengeblieben“, sagt Harald. „Doch Dolpo war einer derbeeindruckendsten Trips meines Lebens.“ Kein Wunder, denn es geht Harald längst um mehr – um Erfahrungen fürs Leben.

Infobox

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[Harald Philipp]

Der 35jährige Mountainbike-Abenteurer und Geschichtenerzähler wurde zwar in NRW geboren, lebt aber seit einigen Jahren in Innsbruck. Als Autor und Vortragender fasziniert er seine Leser und Zuhörer, wenn er von Biketouren weit abseits des Mainstreams schwärmt.

Ab 20. August 2019 ist er mit seinem neuen Multimedia-Vortrag „Pfad-Finder“ im gesamten deutschsprachigen Raum unterwegs. Alle Infos und auch seine Bücher „Flow“ und „Pfadfinder“ gibts auf seiner Website.

www.summitride.com

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