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KALTENBERGHÜTTE

BERGSTOLZ Ski Magazin JANUAR 2017 | Seite 37

Das Zeitfenster stand schon lange imVoraus fest und das winzige studentische Budget bestimmte

die Klasse der Logis. 4-Gänge Menüs, Sauna,Aprés-Ski und Co. waren ausgeschlossen, stattdessen

füllte sich der Einkaufszettel mit Mahlzeiten, die mit dem Gaskocher schnell und einfach zu zaubern

sind. Schneefall war, wie so oft in diesemWinter, Mangelware und auch die Temperaturen kündigten

eher den Frühling an, als tolle Powderruns. Ein Gebiet oberhalb von 2000m musste her, so viel war

schnell klar, doch wo genau würden wir die besten Chancen auf weichen Schnee haben? Unser

Kumpel Tobi Heinle schickte denWinterraum der Kaltenberghütte oberhalb von Stuben ins Rennen.

Nach kurzer Recherche stand das endgültig Ziel einen Tag vor Abreise fest.

Angekommen in Stuben treffen wir die beiden Brüder Julian und Marc Dorer. Die beiden Studenten

sind in der Nähe von Freiburg aufgewachsen und sind zwei derer, die den Schwarzwald wie ihre Wes-

tentasche kennen. Nach High Fives und herzlichen Umarmungen öffnen wir die Türen unserer Autos

und sofort purzeln uns die ersten Equipmentteile entgegen.Wir beginnen die Ausrüstung zu verteilen,

in die großen Rucksäcke zu stopfen und alles was nicht mehr reinpasst, irgendwie mit Bandschlingen

außen zu befestigen. Wir entscheiden uns für die bequeme Auffahrt mit dem Lift, denn von der Berg-

station des Albona III sollte es nicht lange dauern ehe wir die Kaltenberghütte erreichen. Wir nehmen

denWeg Richtung Osten über ein Plateau, weiter an den Hängen entlang, bis uns schließlich ein Kamm

den Ausblick ins nächste Tal verwehrt. Oben am Grat angelangt, präsentiert sich uns ein Bild der Extra-

klasse. Mit ihren roten Fensterläden prangt die Kaltenberghütte auf einem, wie dafür geschaffenen So-

ckel in der Mitte des riesigen Kessels. Gegenüber sorgt ein beeindruckendes Face mit zahlreichen Rinnen

und Flanken für eine fabelhafte Aussicht von der Sonnenterasse und weiter links ziehen sich weite

Hänge hinauf bis zum Gipfel der Krachelspitze. Der strahlend blaue Himmel lässt dieses Bilderbuch-Pa-

norama noch besser zur Geltung kommen und wir haben schon jetzt das Gefühl, dass uns grandiose

Tage bevorstehen.

Hastig stolpern wir mit unserem überdimensionierten Gepäck die letzten Meter hinunter zur Hütte.

Noch bevor wir die Tür zum Winterraum aufsperren sind wir völlig aus dem Häuschen. Es weht kein

Lüftchen, die Sonnenterasse ist wohlig warm und der leichte Dunst imTal sorgt für eine mystische Stim-

mung. Ein Sundowner der Extraklasse ist uns heute schon mal sicher. Das einzige Geräusch das wir

wahrnehmen, ist ein leises Plätschern, das uns hinter der nächsten Ecke der Hütte einen Brunnen mit

fließendem Wasser entdecken lässt. Philipp steht bereits ungläubig in der guten Stube und ist völlig

überwältigt von der schier luxuriösen Ausstattung unserer Suite: Ein Ofen, Kochutensilien, Spielkarten,

zwei Tetrapak Rotwein, sogar Licht war vorhanden. Wer braucht da schon ein 4* Hotel im Tal? Am

frühen Nachmittag machen wir uns auf den Weg, die Umgebung zu scouten. Eine steile Rinne am ge-

genüberliegenden Massiv springt uns direkt ins Auge. Westausrichtung, morgens Sonne. „Das wäre

doch was für morgen Vormittag“, spekuliert Philipp, wenngleich wir nicht abschätzen können, welche

Bedingungen uns dort drüben erwarten würden. Unsere Blicke richten sich noch einige Minuten hinüber,

bevor wir bei gefühlten 15 Grad weiter aufsteigen. Wenig später kommen wir am Gipfelkreuz an und

genießen den Blick hinab ins weite Tal, an dessen östlichem Ende unser Zuhause für die nächsten Tage

emporragt. Ein leichter, kalter Südwind pfeift über den Kamm, wir wechseln unsere Klamotten und ma-

chen uns bereit für die Abfahrt. Sowohl Pulverschnee als auch konstante Schneebedingungen bleiben

uns jedoch verwehrt.Von nassem Schnee, über festgefrorene Buckel bis hin zu Firn erwartet uns in dem

kurzen nördlichen Abschnitt wirklich alles.Wir müssen feststellen, dass der Wind hier die vergangenen

Tage stärker als erwartet sein Unheil getrieben hat. Nach dem Motto „Irgendwas wird schon gehen“,

kehren wir schließlich optimistisch gestimmt zu unseremWinterraum zurück und genießen dabei einen

Sonnenuntergang par excellance. Den ersten Tag lassen wir bei gemütlicher Ofenwärme, einem guten

Abendessen, viel Schokolade und einigen Runden UNO ausklingen.

Etwas verschlafen öffnen wir am nächsten Morgen die Türe nach draußen. Sofort sind wir hellwach.

Wieder einmal sticht uns eine Kulisse wie aus dem Bilderbuch in die Augen und beschert uns einen

Start in den Tag, wie man ihn sich besser nicht vorstellen kann. Nach einem reichhaltigen Frühstück pa-

cken wir unsere Rucksäcke, werfen uns in die Klamotten und schlüpfen in die leicht feuchten Skischuhe

vomVortag. Nur eine Stunde später stehen wir kurz vor dem Einstieg der Rinne, die wir am vorherigen

Tag unter die Lupe genommen hatten. Überwältigt von der Steilheit der Hänge denken wir an die soulige

Sequenz aus „Passenger“, in der Tom Leitner, Fabi Lentsch, Tobi Tritscher und Raphael Webhofer eben

jene Lines zerpflügen, die nun unter uns liegen. „Wenn’s jetzt Powder hätte, wären die Hänge so krass

geil zu fahren“, schwärmen wir kurz, setzen dann aber unseren Weg zum Einstieg der heutigen Rinne

fort. Frei nach dem Motto „Steil ist geil“ geht es mit kurzen Schwüngen in die teils sulzige, teils fest-

gefrorene Rinne. Mit großen Turns und brennenden Oberschenkeln kommt einer nach dem anderen

aus der Rinne geschossen und versucht sich auf dem wenig fehlerverzeihenden Bruchharsch irgendwie