Seite 36 | BERGSTOLZ BikeMagazin AUGUST 2017
SELLA
überqueren den Sattel. Kurz vor dem Refugio FriedrichAugust biegen wir
auf den Wanderweg 529 ein. Bergab fahrend können wir die Schönheit
der Umgebung kaum fassen: saftige grüne Blumenwiesen, auf denen
sich die Murmeltiere tummeln, die sich von uns keine Sekunde aus der
Ruhe bringen lassen. Unser Trail ist steil und ausgesetzt, ohne ein Grund-
maß an Fahrkönnen ist hier nichts zu holen – außer man schiebt das
Bike, und das für eine ziemlich lange Zeit. Diese fünf Kilometer bergab
werden nicht allzu oft befahren, Hermann erzählt uns, dass wir heuer die
erste Gruppe sind, mit der er hier unterwegs ist. Kein Wunder, denn da
die gesamte Strecke sehr technisch ist, sind auch wir ziemlich gefordert.
Man muss alle Sinne beisammenhaben, um nicht abzustürzen.Wir kom-
men direkt in Campitello im Fassatal raus.An den bunt bemalten schönen
alten Häuser können wir uns kaum satt sehen, auch wenn die Einheimi-
schen das beinahe als Disneyland empfinden.Wir fahren zur Col Rodella
Bahn und diese wieder hoch.
Oben angekommen sind wir – wieder einmal – überwältigt vom Pano-
rama: rechts der Bergkamm, gegenüberliegend der Sella-Stock mit dem
Pordoi, die Kulisse ist grandios.Wir fahren auf dem Kamm entlang einen
fantastischen Trail, der weiter unten in den Wald einbiegt und uns auf
flowigem Waldboden zurück nach Canazei bringt. Ohne Zweifel einer
der absolut schönsten Trails der Tour! In Canazei steigen wir in die Pecol
Bahn und dann in den Lift auf den Col di Rossi. Nach einem kurzen
Anstieg zum Refugio Sass Beccei nehmen wir einen angelegten Flowtrail
hinunter nach Fodom unter die Räder und kehren in der Refugio Fodom
zum Mittagessen ein. Genau die richtige Adresse für unseren Pasta-
Hunger: noch dazu, wo hier auch Gerichte serviert werden, die in der
Speisekarte nicht zu finden sind – muss man wissen. Wir gönnen uns
also Pasta mitWildschweinragout bzw. mit Trüffel und lehnen uns zufrie-
den mit unserem Espresso zurück.
Nach der Stärkung geht es einen kleinen Singletrail hinunter nach
Arabba. An der Portavescovo Bahn angekommen, fahren wir diese hoch
und genießen den Ausblick auf die grandiose Marmolata. Immer noch
total beeindruckt begeben wir uns auf den kleinen technischen Trail hi-
nunter zum Fedaia Stausee. Dort geht links neben der Hütte ein weiterer
Trail ab, der zu Beginn technisch recht knifflig hinunter Richtung Penia
und weiter zurück bis nach Campitello führt. Hier bringt uns die Col Ro-
della Bahn wieder nach oben, von wo es zuerst die linke steile Forst-
strasse runter und dann auf einen Wiesentrail Richtung Steinerne Stadt
geht. Unterhalb des Langkofels fahren wir diesmal links herum und neh-
men die letzte Steigung in Angriff, den Sentiero Giro del Sasso Lungo.
Abgebogen wird dann in einen kleinen technischen Trail Richtung Sass
Long, derWeltcupabfahrtsstrecke imWinter. Eindeutige Frage meinerseits:
„Wo sind denn da jetzt die Kamelbuckel?!“ Hermann lacht und erklärt
uns, dass die erstens weiter unten sind (wir können sie nicht sehen), und
die Sass Long zweitens die Haus- und Hofstrecke der Runggaldier im
Winter ist. Das Skirennfahren liegt den Runggaldiern nämlich im Blut.
Wie sein Bruder fuhr auch Hermann früher durch den Stangenwald, al-
lerdings „hab ich‘s nur bis in den Europacup geschafft.“ Wir queren je-
denfalls auf unseren Bikes die Strecke um dann eine andere Skipiste
hinunter Richtung Wolkenstein zu fahren. Weiter unten biegen wir in
einen weiteren kleinenWaldtrail ab und folgen diesem, bis wir endgültig
im Tal ankommen. Ende der heutigen grandiosen Tour, ein Wahnsinn!
Das war eine ausgesprochene Freeridetour mit vielen technischen Trails,
die uns richtig gefordert haben. Insgesamt sind wir auch heute 67 Kilo-
meter, über 1.000 Höhenmeter bergauf und mehr als 5.000 Höhenmeter
bergab gefahren. Es war ein irres Freeride-Erlebnis in grandioser Bergwelt
– dabei haben wir viele viele andere Trails noch nicht mal gesehen! Die
werden uns aber so schnell nicht davonlaufen, und wir werden definitiv
wiederkommen. Denn das Gebiet gehört eindeutig zu den besten MTB-
Revieren der Alpen. Auch – oder vielleicht gerade weil – es hier keine
Anliegerautobahnen und Monstertables gibt, sondern besonders darauf
geachtet wurde, die Trails sanft in die Natur zu integrieren. Von unserer
Seite also ein BRAVO! an die Regionen Val Gardena, Val di Fassa, Alta
Badia und Arabba. „Nëus union segur mo n iede, pu chël sambën!“6
1 “Servus, wie gehts? Bist du wieder gesund?” „Gut geht’s, ja, passt
alles wieder.Was machst heute?“ „Radeln, das siehst du doch. Bei dem
schönen Wetter…“
2 „Hallo Hannes, schöner Tag heute!“ „Servus Hermann! Da hast recht,
ein bisschen was los ist heute auch.“
3 „Wir treffen uns auch jeden Tag hier heroben! Schaut nach einer
lustigen Mannschaft aus, deine Gruppe.“
4 „Ich bin zufrieden mit meiner Truppe, hat richtig Spaß gemacht mit
diesen Jungs.“
5 „Das alte Stück könnte sicher viele Geschichten erzählen.“
6 „Wir kommen ganz sicher wieder, keine Frage!“
INFO boX
ANREISE.
• Von München mit dem Auto ca. 3 Stunden 45 Minuten: A8
nach Rosenheim – A93 Kufstein – A12 Innsbruck – Bren-
ner – E45 bis zur Ausfahrt Chiusa / Val Gardena / Klausen /
Gröden – SS242d folgen bis Wolkenstein
UNTERKUNFT.
• Hotel Else, Ciampinei 42, Wolkenstein, Halbpension, 500
Meter zur Ciampinoi Bahn
HÜTTENTIPPS.
• La Marmotta in Corvara, Alta Badia auf 1955m
• Rifugio Fodom Hütte, Unterhalb des Pordoijochs auf
2070m
GUIDES.
• Südtiroler Bike Guide |
www.suedtiroler-mountainbike-
guide.com
• Hermann Runggaldier |
runggaldier.her@outlook.comTICKETS.
• Liftpass Super Dolomiti: Tagespass 45 Euro




