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KALTERN

Seite 27 | BERGSTOLZ Bike Magazin Mai 2015

Für die Damen im Mountainbikesport muss eigentlich keine Lanze mehr gebrochen werden.

Sie gibt es schon lange, und sie werden immer zahlreicher, sei es auf Profi- oder Hobby-

Level. Einige Bereiche der Industrie haben das erkannt, andere hinken da noch – teilweise

weit – hinterher. Aber wenn die doch mittlerweile ansehnliche Zahl an speziellen Women

Bike Camps stetig steigt und dabei jedes davon voll wird, dann lohnt es sich schon einmal,

die bikende Damenwelt genauer unter die Lupe zu nehmen. Was wollen die Ladies im

Bikesport? Wie ticken sie bei kniffligen Passagen, und mit welchen Angeboten kann man

sie überzeugen.

Karen Eller, ehemalige Racerin und Fahrtechnik-Trainerin mit Visionen, feierte 2014 mit ihrem

Scott Contessa Team 10-jähriges Jubiläum. Sie hat schon früh erkannt, dass man die Damen und

Herren auf dem Berg und auf dem Bike nicht in einen Topf schmeißen darf. Mittlerweile scharen

die fünf Contessas – neben Karen, noch Lisa, Kathrin, Fien und Andi – regelmäßig die Mädels

bei Camps und Riding Days erfolgreich um sich. Zeit, sich mal so ein Camp genauer anzusehen

und mit dem rosaroten Bike-Image aufzuräumen.

Als Karen Eller Ende September zum Bike Women Camp nach Kaltern rief, hatte ich als Frau eine

gewisse Vorstellung von dem, was mich an der Südtiroler Weinstraße erwarten könnte, und ich

war mir nicht sicher, ob das etwas für mich sein würde. Zwar war mein persönliches Bike-

Saisonziel fahrtechnisch gesteckt, und an das sollten mich die vier Tage mit den Scott Contessa

Ladies näher heranbringen, dennoch machte mir die Vorstellung von 70 Frauen gemeinsam auf

den Trails rund um den Kalterer See nicht unbedingt überschwängliche Vorfreude.

Positionskämpfe auf schmalen Wegen und das ständige am Hinterrad picken kannte ich von

Ausflügen mit viel kleineren Mädelsgruppen. Frauen sind nun mal in dieser Hinsicht zugegeben

viel ehrgeiziger. Bei Männern ist die Rangordnung schnell ausgefahren.

Ein eigenes privates Campgelände direkt am Kalterer See bildete den perfekten Treffpunkt für

das Bike Women Camp, rundherum nur Weinberge, ein kleines Apartmenthaus mittendrin und

eine schöne Liegewiese mit Badesteg, die zum Flanieren zwischen den Industrieständen, zum

Chillen und Austausch mit neuen und alten Freundinnen, für morgendliche Yoga-Übungen und

sogar als Bike-Waschplatz diente. Die einzigen Männer auf dem Gelände sollten die Jungs der

anwesenden Bikefirmen sein. Aber auch dieser Platz könnte ihnen bald streitig gemacht wer-

den, zumindest was kleinere Reparaturen betrifft. Nach der Devise selbst ist die Frau, haben

kurzerhand ein paar Ladies ihren eigenen Bremsbeläge-Workshop organisiert. Reifen wechseln,

Dämpfer einstellen war eh schon im Programm der vier Tage am Kalterer See.

Klarerweise wurden ein paar weibliche Klischees erfüllt. So tummelten sich immer genug Damen

um die Bike-Klamottenständer und der beliebteste Einkauf war sicherlich jener einer gewissen

blauen Bikehose, mit der man am Ende viele herumfahren sah. Ansonsten ging es überraschen-

derweise kaum um Äußerlichkeiten. Viel mehr zählten die inneren Werte – jene der Bikes. Ein

Großteil der Hardtail-Uphill-Fraktion verliebte sich in die Test-Fullys und am Ende wurden die

anfangs noch eher spärlichen Enduro-Liebhaberinnen immer mehr. Bei 70 Frauen zwischen 25

und 50 fanden sich auch schnell Gleichgesinnte auf dem Campgelände zusammen, die Uphill

und die Downhill orientierten, wobei die Tendenz in den vier Tagen eindeutig in Richtung

abwärts und Trails zeigte. Fitte Bergaufstramplerinnen mit wenig Fahrtechnik-Skills und Trail-

Erfahrung wurden zu Freeride-Fans. Neueinsteigerinnen wurden in ihren Erstanschaffungen

bestätigt oder hatten schnell den Wunsch nach mehr. Ein durchgemischter Haufen farbenfroh

gekleideter Mädels mit unterschiedlichem Alltagsleben – von der Mutter und Hausfrau über die

Schmuckdesignerin bis zur Autoteilekonstrukteurin war alles dabei. Das zeigte sich aber interes-

santerweise erst bei den Gesprächen bzw. in den Zivilklamotten bei der Abreise. Frauen, die sich

Foto: Maria Knoll

Foto: Anton Brey