Bergstolz Issue No. 111

40 R I DERPROFI LE Bergstolz Ski & Bike Magazin • 01 | 2023 Alter: 40 Homespot: Åre, Schweden Sponsoren: Picture Organic Clothing, SCOTT, Thule, Pomoca Highlight: 2016 Vizeweltmeisterin Freeride World Tour 2016 Verbier Xtreme Champion 11 Jahre als FWT-Athletin The Arctic 12 SAFE AS Clinics Media: @jackiepaaso @jackie.k.paaso JACKIE PAASO „Ich wollte immer schon einfach das größte Cliff springen“ Foto: Crogeri Foto: Martin Olson Foto: Dom Daher „Jackie hat Eier, darüber gibt es keinen Zweifel!“ (Unofficial Networks). Teton Gravity bezeichnet sie kurz als „The Queen“. The Ski Journal konstatiert, dass es für Jackie Paaso „mehr darum geht, Limits zu pushen, als Highscores und Podiums zu sammeln.“ Im Interview bestätigt sie diese „All-In-Or-Nothing-Mentalität“, wie es ihr Sponsor Scott nennt: „Ich habe das oft gehört: ‚Warumhast Du soviel Risiko genommen? Ein bisschen weniger, und Du wärst nicht gecrasht, sondern am Podest gestanden…‘ Ich wollte aber einfach immer die Line fahren und das Cliff springen, das mich einen Schritt weiterbrachte.“ In ihrer langen Karriere als Freeride World Tour Athletin hat sich Jackie Paaso einen einzigartigen Ruf erarbeitet: Sie war in jedem einzelnen Contest für eine Überraschung gut. Sie ist die Cliffs gesprungen, die keine der anderen Frauen in ihre Lines eingebaut haben. Und manchmal war es auch sie, die spektakulär gestürzt ist. Wenn es aber geklappt hat, dann war die Amerikanerin auch immer eine Podiumskandidatin. Ihre beste Saison hatte sie 2016, als sie hinter Eva Walkner auf dem 2. Gesamtrang landete, insgesamt drei Mal war sie Gesamtdritte. Dass ihr Leben sie einmal hierhin führen sollte, war nicht von vornherein vorgezeichnet. Jackie Paaso startete ihre Karriere nämlich als Buckelpistenfahrerin. „Ich bin in Maine amSunday River aufgewachsen und habe das Skifahren von der ersten Sekunde an geliebt. Manche Menschen drücken sich durch Kunst oder Musik aus, ich schätze, ich tue es durch das Skifahren. Jedenfalls war ich dort 13 Jahre lang sehr erfolgreich als Mogul Skier“, erinnert sie sich. „Mein großer Traum war es, einmal an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Ich habe so hart gearbeitet dafür, aber es sollte sich nicht erfüllen.“ Nachdem sie ihre FreestyleLaufbahn schweren Herzens aufgegeben hatte, fiel sie in ein Loch. Sie wusste nicht mehr, was sie mit ihrem Leben anfangen sollte, hatte mit Depressionen zu kämpfen und landete schließlich nach einer Überdosis im Krankenhaus. Das sollte einer ihrer persönlichen Schlüsselmomente werden. Sie packte ihre sieben Sachen und zog nach Squaw Valley in Kalifornien. Dort lernte sie nicht nur ihren späteren Ehemann Reine Barkered – selbst einer der erfahrensten Rider auf der FWT – kennen, sondern auch Freeriding. „An meinem ersten Contest nahm ich 2006 in Kirkwood auf Anregung von Freunden teil, mit geliehenen Skiern. Ich stürzte im Finale, aber das machte nichts. Denn ich hatte gefunden, wonach ich gesucht hatte. Und ich wusste, dass ich mehr davon wollte. Also konzentrierte ich mich ab da voll aufs Freeriding.“ Als 2010 die Freeride World Tour nach Squaw Valley kam, überredeten einige der Rider Jackie, um eine Wildcard zu fragen. Nicolas Hale-Woods, CEO der FWT, lehnte mehrmals ab, gab aber irgendwann nach. „Das Video meines Cliffdrops kursiert heute noch im Internet“, grinst Jackie, wenn sie daran zurückdenkt. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass Nicolas Hale-Woods seine Entscheidung nicht bereut hat, mich nach langem Betteln doch starten zu lassen.“ Nach ihrer ersten Saison auf der Freeride World Tour hatte sie ihren ersten Sieg auf der Freeride World Tour in der Tasche – es sollten etliche weitere folgen. Nach der Saison 2020 und über einem Jahrzehnt auf der Freeride World Tour, beendete Jackie Paaso ihre aktive Contest-Karriere. „Es hat mir fast das Herz gebrochen, dass Covid-19 meine Abschiedstour so abrupt beendet hat. Ich wollte ein letztes Mal um den Gesamtsieg mitfahren, zumindest ins Finale kommen, ein weiteres Mal in Verbier gewinnen“, lässt sie ihre letzten Wochen als FWT-Athletin Revue passieren. Aber so war es halt: Sie und Reine kehrten nach Schweden zurück, wo das seit 2016 verheiratete Paar heute lebt. Groß ausgeruht hat sie sich dennoch nicht: Mit ihrem Projekt „Arctic 12“ hat sie sich gemeinsam mit Ehemann und zwei weiteren Ridern daran gemacht, die zwölf höchsten Berge Schwedens zu besteigen – aus eigener Kraft, mit Tourenskiern und Schlitten. „Ich bin immer noch sehr stolz auf das ganze Team, dass wir es trotz der Herausforderungen geschafft haben“, sagt sie heute darüber. Und auch nach diesemAbenteuer blieb ihr nicht allzu viel Zeit, um die Seele baumeln zu lassen: Im Frühjahr 2022 kam ihr und Reines erstes Kind zur Welt, seitdem ist Jackie damit beschäftigt, die Balance zwischen demDasein als Athletin und Veranstalterin von Safety Clinics und Mutter zu finden: „Der Übergang von der reinen Athletin zur Athletin und Mutter war nicht ganz reibungslos und einfach für mich, aber mein neuer Lieblingsmensch ist den ganzen Trubel definitiv Wert. Ich weiß nicht warum, aber ich suche mir immer irgendwie das größte Cliff aus, um drüber zu springen…“ Und lacht.

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