Bergstolz Issue No. 107

R I DERPROFI LE Bergstolz Ski & Bike Magazin • 05 | 2022 BERNard KERR „Darum geht es beim Biken: Leute, Trails und gute Zeiten“ Alter: 31 Homespot: London Beruf: Biker-Typ Sponsoren: Pivot, Continental, Fox, Shimano, Reynolds, i9, Renthal, Leatt, Crankbrothers Erfolge: Sieger Red Bull Hardline 2016, 2019, 2021 King of Crankworx 2015 Crankworx-Siege im Dualslalom Podiumsplätze im DH World Cup Ziele: Weltmeisterschaften gewinnen, einen World Cup gewinnen, Redbull Hardline gewinnen und einfach nur Spaß am Radfahren haben. @bernard_kerr Bernard Kerr Foto: Pivot Cycles 23 Foto: Fotos: Boris Beyer Wir erreichen Bernard Kerr amTag nach demDualslalombei Crankworx in Whistler. „Ich bin, ehrlich gesagt, ziemlich müde heute“, erklärt er uns. Kein Wort darüber, dass er ebendiesen Dualslalom am Vortag glatt gewonnen hat. Wir lassen offen, ob er vom Race selbst oder von der Siegesfeier müde ist, und freuen uns, dass sich der 31-jährige trotzdem Zeit für unsere Fragen nimmt. Rückblende, England kurz nach der Jahrtausendwende. Der knapp 12 Jahre alte Bernard Kerr fährt ein bisschen Motocross, aber der Sport packt ihn nicht richtig. Was er aber richtig cool findet, ist, dass sein Cousin Joe Mountainbike fährt. „Also fing ich auch damit an und fuhr sofort Rennen – mein erstes, glaube ich, schon in der allerersten Woche.“ Bernard Kerr nahm nicht nur teil, er gewann seine Premiere auf den MTB-Racetracks. „Das fand ich schon cool. Aber was ich am meisten liebte, waren Sprünge und Wheelies“, erinnert er sich. Hat sich nicht allzu viel verändert in den vergangenen Jahren: „Mountainbiken ist einfach das Beste. Die Leute, die Orte, an die man kommt, und das Gefühl, einen Hügel zwischen Bäumen hinunterzufahren und Sprünge zu machen, ist einfach unschlagbar.“ Dass der junge Brite auf dem MTB unfassbar talentiert war, zeigte sich sehr schnell: „Ich habe schnell gemerkt, dass meine Fähigkeiten besser waren als die vieler anderer Fahrer. Und ich war überzeugt, dass ich ein paar Eigenschaften hätte, die mir helfen würden, Profi zu werden“, erinnert er sich im Gespräch. „Dazu kommt, dass mich meine Mutter nicht stärker unterstützen hätte können, sie hat immer an mich geglaubt.“ Auch anderen fiel der schnelle Brite auf. Als Pivot Cycles nach Großbritannien kamen, nahmen sie den gerade mal 18-jährigen Bernard Kerr unter Vertrag: „Ich sah die Räder, testete eines und habe nie zurückgeblickt!“ sagt Bernard. Pivot-CEO Chris Cocalis ergänzt: „Unser Teammanager rief an und erzählte, dass Bernard alle Rahmen verbraucht hätte. Alle anderen Fahrer brauchten nur einen Rahmen pro Saison, aber Bernard konnte absichtlich das Sitzrohr herausreißen. Er zwang uns dadurch, einige unserer Arbeitsschritte zu verändern und wir begannen, enger zusammenzuarbeiten.“ „Die Leute bei Pivot sind toll! Sie haben all die Jahre an mich und meine fragwürdigen Techniken geglaubt!“ grinst Bernard zu dieser Anekdote. Fragt man ihn, wie er sich selbst beschreiben würde, dann sagt er ohne Umschweife nur drei Worte: „Fun, beschäftigt und Lada.“ Und grinst breit dabei. Als Außenstehender möchte man eher das Wort „außergewöhnlich“ verwenden. Nicht nur sein Riding ist es – außergewöhnlich schnell, außergewöhnlich stylisch und immer mit außergewöhnlich viel Flow – es drängt sich derselbe Eindruck in Bezug auf seine Persönlichkeit auf: Ausgeprägte Zielstrebigkeit und großer beruflicher Erfolg treffen nicht oft auf die handfeste Bodenständigkeit und unverfälschte Nettigkeit, die Bernard Kerr an den Tag legt. Über seinen Youtube-Kanal mit mehr als 90.000 Followern sagt er zumBeispiel, dass er den nur aus Spaß gestartet hat – und das auch so bleiben soll. „Hoffentlich haben die Fans Spaß beim Zusehen.“ Den Teamchef-Job bei Pivot Factory Racing hat er sich hingegen praktisch selber besorgt: „Ich wollte nicht für ein anderes Team fahren und mich nach dem Zeitplan von jemand anderes richten. Also habe ich Chris 2012 gefragt, ob ich nicht mein eigenes Team sein und leiten könnte“, erinnert sich Bernard. „Er meinte, ich sollte ihm einen Vorschlag schicken und der Rest ist Geschichte.“ Pivot Factory Racing feiert 2022 sein 10-jähriges Jubiläum, besteht aus fünf Ridern, die allesamt in der Weltelite des Enduro und DHmitmischen, und hat kürzlich mit demPFR Next Gen Team sogar Nachwuchs bekommen. „Ich möchte sehen, wie sie die internationale Szene genauso aufmischen wie hier in Whistler. Die drei sind echt next level!“ zeigt er sich von den Nachwuchs-Ridern Dane Jewett, Ryan Griffith und Teagan Heap begeistert. Welche Ziele er für diese Saison verfolgt, beantwortet er wie aus dem Startgate geschossen: „Ich möchte imWeltcup-Ranking unter die Top-5 kommen. Und ich will, dass das EWSTeam die Teamwertung gewinnt.“ Aktuell liegt Bernard Kerr im Downhill-Weltcup auf Platz 14 – „Da geht noch was.“ Pivot Factory Racing führt die EWS-Wertung nach fünf Bewerben direkt an. Und dann gibt’s ja noch das Red Bull Hardline. „Das ist die krasseste und härteste Strecke des Jahres!“ schwärmt Bernard. Und ja, natürlich will er hier seinen Titel aus dem Vorjahr verteidigen und zum vierten Mal ganz oben am Treppchen stehen. Und wenn nicht? „Dann ist Biken trotzdem das Beste! Darum geht’s doch: Leute, Trails und gute Zeiten!“

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