Bergstolz Issue No. 102

68 ALASKA Bergstolz Ski & Bike Magazin • 12 | 2021 atemberaubendes Gefühl! Wie eine Belohnung für die harten, entbehrungsreichen Tage im Schnee. Doch wir mussten zuerst einmal Hausarbeit verrichten, bevor wir den ultrakalten Alaska-Powder endlich zum Stauben bringen durften. Unser Kochzelt war kollabiert. Wir bargen unsere Ausrüstung, gruben eine Schneehöhle und bauten davor eine Art Vorzelt aus gebrochenen Campingstühlen und zerrissenen Zeltplanen. Als die Sonne am höchsten Punkt des Tages stand, war unser Werk vollendet. Es schien alles perfekt, unser Abenteuergeist aufs Neue geweckt. Wir wählten eine erste, sanft ansteigende Route – die Lawinengefahr war enorm – und spurten euphorisch dem oberen Ende des Gletschers zu. Ganz oben in einer Scharte angekommen öffnete sich uns der Blick in eine schneeweiße, unendliche Hochgebirgslandschaft. Wir fühlten uns klein, aber doch stolz dieses Abenteuer in Angriff genommen zu haben. Unsere erste richtige Skiabfahrt in Alaska hätte nicht besser sein können. Noch nie zuvor in unserem langen Skifahrerleben hatten wir dermaßen fluffig-trockenen Pulverschnee unter den Latten. Es staubte, wir machten Bilder und klebten die Felle erneut auf, stiegen ein zweites, ein drittes Mal unsere Spur hinauf, dropten Seracs, jubelten bei jedem Schwung und fühlten uns nun auch wie echte Pioniere. In der Abendsonne erkundeten Henry und ich eine neue Area unterhalb unseres Camps. Ich wollte bis auf einen schmalen Gipfel, um den Denali direkt vor meinen Augen zu haben. Und obwohl ich darauf vorbereitet war, holte es mich kurz wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, als sich unter meinen Skiern ein Schneebrett löste. Doch der Schock löste sich schnell, die restliche Abfahrt verlief wieder über sanfte Gletscherhänge. Wir zogen weite Schwünge, Henry gleich neben mir. Wir schrien vor Freude und motivierten Chris und Erik uns ein weiteres Mal zu begleiten. Ein Tag, der nie zu Ende hätte gehen sollen. Zufrieden saßen wir im Freien vor unserem neuen Wohnzimmer, genossen Rum mit Tee. Die Sonne ging unter, der Schatten überzog unser Camp und die Luft begann allmählich vor Kälte zu klirren - minus 30 Grad Celsius. In der Nacht verkrochen wir uns mit samt unseren Daunenjacken in den Schlafsäcken und kuschelten uns so nah wie möglich zusammen. Bitter grüßt die Realität Noch in der Nacht brachte eine neue Kaltfront Neuschnee in die Alaska Range. Am nächsten Morgen fühlte sich der vergangene Tag wie der Traum der letzten Nacht an. Alles war wieder wie vorher. Wir holten unsere Schaufeln und begannen erneut unser Camp vom Schnee zu befreien. Am nächsten Schönwettertag mussten wir ausgeflogen werden. Nur wann sollte der kommen? Wir rationierten unseren Proviant und tranken immer mehr heißes Wasser mit Rum oder Whiskey, wir präparierten Tag für Tag eine neue Landebahn für Leighan.

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