Bergstolz Issue No. 102

R I DERPROFI LE 49 Bergstolz Ski & Bike Magazin • 12 | 2021 VALENTIN WERNER-TUTSCHKU „Ichwollte schon immer meinen eigenen Kurs setzen“ Alter: 23 Homespot: Seit 4 Jahren Innsbruck / Österreich Beruf: Freeride Athlet & Filmproduzent bei Mountain Tribe Sponsoren: Head Skis, Alpina Sports, ABS Airbags, PYUA, ESKA Gloves Erfolge: Banff Mountain Film Festival Award in der Kategorie "Snow Sports" für den mehrfach ausgezeichneten Freeride Film "metanoia" valiwernertutschku @vali_wernertutschku Foto: Miriam Johanna „Meine erste Erinnerung ans Skifahren war, dass ich den ganzen Nachmittag komplett alleine am Übungshang unterwegs war. Ich bin einfach rauf und runter, immer wieder, bis mich mein Papa abgeholt hat.“ Der Haken an der Sache: Valentin Werner-Tutschku war eigentlich gar nicht alleine beim Skifahren, sondern mit seinem Papa. Irgendwo bog er aber falsch ab, landete am Übungshang und fuhr dort einfach weiter. „Es hat mich auch gar nicht gestört, dass der Papa nicht mehr da war. Die Liftlerin hat irgendwann gefragt, mit wem ich denn hier sei. Ich gab ihr die Telefonnummer meines Vaters und er hat mich dann abgeholt. Erzählungen meiner Eltern nach war er da schon ziemlich besorgt“, lacht Valentin, genannt „Vali“, heute über die Begebenheit. So lange diese Anekdote auch her ist, sie scheint doch richtungsweisend gewesen zu sein: „Ich bin immer komplett aus Eigenantrieb und Eigeninitiative Ski gefahren. Als sehr bewegungsfreudiges Kind hat mich meine Mama zwar in den Skiverein gesteckt, damit ich meine Energie loswerde, aber die Liebe zum Skifahren war von Beginn an von selbst da.“ Eine klassische, österreichische Skigeschichte schien sich anzubahnen: „Ich hab viel trainiert, immer blau-rot-blau-rot. Und mit 10 Jahren wollte ich unbedingt in die Skihauptschule gehen.“ Allerdings: Seine Eltern wollten Vali nicht so früh schon in ein Internat ziehen lassen. Er blieb zuhause und musste über die kommenden Jahre feststellen, dass ihn die gleichaltrigen Skihauptschüler zusehends überholten. Als er mit 14 vor dem Wechsel ins Skigymnasium stand, wollte er nicht mehr: „Es hat mich deprimiert, ich hatte das Gefühl, vier Jahre verloren zu haben“, erinnert er sich. „Außerdem hat es mich immer stärker ins Gelände gezogen. Ich hab einfach keine Lust mehr gehabt, immer nur den Kurs zu fahren, den mir jemand anderer vorgab, immer nur in den Spuren der Läufer vor mir unterwegs zu sein. Ich wollte meinen eigenen Kurs setzen.“ Ein Freund schlug ihm vor, es doch mit Freeride Contests zu probieren. End of story. Nicht ganz! „Am Freeriden hat mich immer fasziniert, dass ich mir meine Grenzen selbst stecke. Ich entscheide selbst über meine Line. Ich entscheide selbst, wie viel ich mich traue. Und das ‚höher, schneller, weiter‘, auch in der freundschaftlichen Konkurrenz mit den anderen Ridern, hat mich angetrieben, besser zu werden.“ Auf die Unterstützung seiner Eltern konnte er sich auch hier verlassen, denn: „Für meinen Papa war das keine Überraschung, dass ich zu den Freeridern wechsle, der hat sich das schon immer gedacht. Nur die Mama hat am Anfang gemeint ‚Na super Bua! Jetzt macht er was noch Gefährlicheres!‘“, lacht Vali. Über die Contests entwickelten sich Freundschaften, aus einigen dieser Freundschaften die „Mountain Tribe Crew“. „Zusammen mit dem Gassner Flo hab ich die vor vier Jahren gegründet. Das war ursprünglich nur als Gaudi-Projekt geplant, Skifahren und ein bisschen filmen mit guten Freunden am Berg.“ Die Filmprojekte werden mit jedem Mal größer werden – bis „Metanoia“ sie im vergangenen Jahr weit über die kleine Freerideszene hinaus bekannt macht. „Ich kann mich genau erinnern, wir waren am Kaunertaler Gletscher, um Anfang der Saison unsere Alpinskills aufzufrischen. Da kam die E-Mail vom Banff Mountain Film Festival, dass wir den Award in der Kategorie Snow Sports gewonnen hätten“, erinnert sich Vali. „Das ist wie den Oscar zu gewinnen! Wir haben dann vorsichtig ein bisschen gefeiert, aber ehrlicherweise hab ich über eine Woche lang nicht geantwortet. Ich war mir nämlich total sicher, dass eine zweite kommen würde, in dem sich Banff für die Verwechslung entschuldigt, dass sie nur versehentlich uns die Gewinnermail geschickt hätten und wir halt doch nicht gewonnen hätten.“ Doch die zweite Mail kam nicht. „Dieser Award hat breite Wellen geschlagen, plötzlich kommen Leute auf uns zu und fragen an, ob wir etwas machen können“, sagt Vali, der gerade sein Bachelorstudium in Sport Management abgeschlossen hat. „Flo und ich ergänzen uns super. Für uns fühlt es sich nur logisch an, dass wir jetzt, mit dem Auftrieb, den wir durch ‚Metanoia‘ bekommen haben, versuchen, auch vom Filmen leben zu können. Ich setze da nicht nur meine ganze Energie, sondern schon auch meinen sturen Kopf für dieses Ziel ein“, meint er. Ein Jahr Zeit haben sich die beiden gegeben, um einen konkreten Plan zu entwickeln. Nach dem diesjährigen „Zwischenprojekt“ One Step Ahead ist für kommendes Jahr ein „noch größerer, aufwändigerer“ Film geplant – verraten wird aber noch nicht viel: „Am besten, Ihr folgt einfach dem Mountain Tribe auf Social Media!“ grinst Vali. Was danach kommt, steht noch in den Sternen: „Ich weiß ja noch nicht mal, was ich morgen machen werde!“ Und ergänzt nach kurzem Überlegen: „Ich bleib da gerne flexibel. Mal schauen, wie sich das alles entwickelt.“ Und wenn‘s nicht läuft? „Überlegen wir uns halt wieder was anderes.“ Foto: Moritz Aiblinger

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