Seite 42 - BergstolzIssue32

Basic HTML-Version

Seite 42 | BERGSTOLZ Ski Magazin Dezember 2011
LAUF RAUF
In der sechsten Auflage fand das „LAUF RAUF“ Event wieder in den Allgäuer Alpen statt
Lauf Rauf ist einer der wenigen Events, der das Thema
Freeriden auf den Punkt bringt: Eine Nonprofit-
Veranstaltung, bei der – abgesehen vom Ziel bezie-
hungsweise der Route – keine Grenzen gesetzt werden.
Ein temporäres Kollektiv, welches sich aus
Snowboardern, Skifahrern und Telemarkern zusammen-
setzt, verfolgt dabei das Ziel Spuren im Schnee zu
hinterlassen und diese fotografisch zu dokumentieren.
Da das Lauf Rauf jedes Jahr an einem anderen Ort statt-
findet, erhält jede Auflage ihren eigenen Charakter.
2011 fand das Lauf Rauf zum sechsten Mal statt. Der
schlechte Winter und die hohen Temperaturen machten
Dominik Bartenschlager die Wahl der Location nicht
gerade leicht. Unser Ziel wurde schließlich das
Walterberger Haus auf 2.085 Meter oberhalb von
Oberstdorf gelegen. Der Wetterbericht prognostizierte
uns drei Tage, an denen wir – wenn wir früh loslegen
würden – gute Firnverhältnisse erhoffen konnten. Mit
dieser Information und Proviant für drei Tage machten
wir uns am 14. März auf den Weg. Ab Einödsbach lag
ausreichend Schnee, und so stapften wir ins Bacher
Loch. Ich weiß nicht, woher die Bezeichnung Bacher
kommt, der zweite Teil trifft die Beschreibung des Tals
aber ganz gut: Loch. Da die über uns liegenden
Nordwesthänge alle schon am Vortag abgegangen und
wir früh dran waren, konnten wir beruhigt Richtung
Talende gehen, um kurz vor Schluss links zum vorderen
Bockkar aufzusteigen. Da der Sommerweg bei Schnee
nicht begehbar ist, gingen wir etwas weiter ins Bacher
Loch, um durch eine Rinne ins vordere Bockkar zu
gelangen. Die knapp zehn Meter breite Rinne würde
uns schnurstracks bis knapp unters Walterberger Haus
bringen. Wir waren gerade dabei die Ski und
Snowboards an den Rucksack zu zurren, als ein
Donnern die Stille brach. Im ersten Moment zuckten alle
zusammen und schauten sich um, wo denn das
Monster vom Berg herabfährt. Auf der gegenüberlie-
genden Seite entlud sich die Südostflanke vom
Linkerskopf: ein gewaltiger Anblick, den uns die Natur
da bot. Es zeigte uns, wie klein wir doch sind. Im Schutz
der sonnenabgewandten Seiten stiegen wir die Rinne
hoch. Im vorderen Bockkar angekommen, legten wir
wieder unsere Bretter an. Erst jetzt bemerkte Stefan,
dass etwas mit seiner Tourenbindung nicht stimmte.
„Ist wahrscheinlich nur das Gewinde der Schraube
durch, das reparier’ ich an der Hütte.“
Dort angekommen schraubte Stefan an seinem Ski
herum, während wir Licht und Luft in den Winterraum
ließen und das Brennholz zum Kochen vorbereiteten. Er
bohrte das Loch auf und setzte ein Insert. Ohne
Bohrmaschine dauert so etwas dann doch etwas länger.
Erst als Stefan die Fritschi wieder auf den Ski geschraubt
hatte, erkannte er die Ursache: Die Bindung muss wohl
beim Traversieren eines Harschdeckels gebrochen sein,
darum hatte er dort auch den Ski verloren. Eine ernüch-
ternde Erkenntnis, denn für Stefan war die Ausfahrt hier
zu Ende.Während wir eine Spur ins Bockkar legten, um
in der Früh einen einfacheren Aufstieg zu haben, blieb
Stefan in der Hütte, machte Feuer und ließ Schnee
schmelzen, so dass wir nach unserer Rückkehr genü-
gend Wasser zum Kochen und für Tee hatten.
Mit den letzten Sonnenstrahlen erreichten wir die
Bockkarscharte. Der Schnee färbte sich golden und die
vereinzelten Wolken am Himmel taten ihr bestes, um