Bergstolz Issue No. 113

20 RIDERPROFILE Bergstolz Ski & Bike Magazin • 03 |2023 Wer über Frauen in der Freeride-MTB-Szene spricht, der kommt an Kathi Kuypers nicht vorbei. Die 33-jährige Oberbayerin ist ein Urgestein und seit 2016 auf der FMB World Tour mit dabei – wenn auch bisher außer Konkurrenz, denn Frauen-Bewerbe werden 2023 erstmals ausgetragen. „Ich bin da einfach zur Gaudi mitgefahren. Ich denke, dass das für mich heuer schon ein Vorteil sein wird, ich kenne das ganze Setting und die Leute“, meint sie gut gelaunt im Interview. „Außerdem“, lacht sie, „bin ich mittlerweile 33 und ein bisschen gechillter and gefestigter als noch vor ein paar Jahren.“ Zur Einordnung: FMB World Tour in der Diamond League. Das bedeutet auf Top-Level. „An Big Airs muss man sich gewöhnen. Jedes Jahr ist es dasselbe: Das erste Mal in der Luft denkst Du Dir schon ‚Ooooh, Airtime!‘ Deshalb bin ich froh, dass ich im Winter in Mexiko bei der Freeride Fiesta war, da bin ich nicht ganz so lange weg von den großen Sprüngen gewesen. Jetzt arbeite ich gerade daran, die Sprünge vom Downhill-Bike aufs Dirtbike umzusetzen.“ Während viele Kids auf dem Dirtbike im Skatepark anfangen, ging Kathi den umgekehrten Weg. „Mein Papa ist ein bisschen Motor verrückt, meine Brüder und ich hatten mit vier Jahren schon eine Mini-Motocross, mit der wir rumgeheizt sind. Je schneller, desto besser! Und unsere Sonntagsausflüge waren Mountainbike-Ausflüge in die Berge“, erzählt Kathi von ihren Zweirad-Anfängen. „Im Gymnasium gabs dann eine MTB-Gruppe, da war ich dabei – allerdings so richtig in Lycra und mit Crosscountry-Bikes. Als dann der Bikepark Samerberg eröffnet hat, hab ich das Lycra abgelegt und mich in Richtung Federweg orientiert.“ Kathi ist begeistert, lernt schnell. Als sie „auf Drängen meiner Bike-Spezl“ am Gang Battle in Saalbach Hinterglemm teilnimmt, wird sie Vierte hinter Legenden wie Ines Thoma oder Antje Kramer. „Die hatten alle DH-Bikes und ich so 140mm“, grinst sie. „Dann kam die Ausschreibung für die Trek Gravity Girls und die Jungs am Samerberg schubsten mich da richtig rein. Am Ende wurde ich unter 32 Bewerbungen ausgewählt und bekam einen Trek Profi-Vertrag.“ Sie fährt ein bisschen Downhill, ein bisschen Enduro, ein bisschen E-Mountainbike. Ihre wahre Leidenschaft aber entdeckt sie 2011: Slopestyle. „Wir durften uns in einer leerstehenden Lagerhalle austoben und haben uns da eine Schnitzelgrube, ein Resi-Pit, also einen Sprung, dessen Landung mit Matten ausgelegt ist, und Jumps reingebaut. Dort hab ich die Basics gelernt“, erinnert sie sich. „Zum Freeride kam ich wieder über einen Spezl vom Samerberg. Der meinte so 2014 rum, wir müssten mal an meiner Fahrtechnik arbeiten. Ich hab mir also für 200 Euro ein Hardtail gekauft und war angefixt. Das war so schwierig, das Bike verzeiht dir keinen Fehler! Und dann war ich das erste Mal in Bad Aibling und hab Legenden wie Andi Wittmann getroffen – ich wollte das auch können. Und wenn ich mir einmal was in den Kopf gesetzt habe, dann lass ich das nur sehr schwer wieder los…“ Sie lacht. „Aber Radlfahren ist immer Radlfahren für mich, egal auf welchem Bike.“ „Senderella“ springt, was das Zeug hält: 26Trix in Leogang, Bikedays Zürich und Swatch Rocket Air, Crankworx. Was nicht immer glimpflich ausgeht: „Verletzungen sind ‚part of the game‘. Mein Kreuzband war vier Mal gerissen, beim letzten Mal war auch der Oberschenkel durch und ziemlich viel kaputt. Ich hab mindestens ein Jahr in die Reha investiert und Vollgas gegeben. Heute kann ich problemlos zehn Kilometer joggen – eigentlich unmöglich.“ Zu der Zeit dachte sie viel darüber nach, warum sie unbedingt zurückkommen wollte: „Ich glaube, es ist diese Hormon-Dopamin-Kombi, die Dir einschießt, bevor es losgeht. So stelle ich mir vor, dass es sich anfühlt, wenn man Drogen nimmt. Man könnte also sagen, dass Radlfahren meine Droge ist.“ Sie grinst. Diese Droge wird sie 2023 wohl weiter begleiten, denn Kathi ist Fixstarterin auf der allerersten FMB World Tour für Frauen. „Ich freu mich total! Ich will unbedingt dabei sein, mitfahren und dann schau ich mal, was geht“, sagt sie. „Ich bin so gespannt, was die anderen Mädels gelernt haben! Und solange das nicht vollkommen krass mehr ist als das, was ich kann, bleib ich auch dabei.“ Sie macht eine Pause und schmunzelt. „Auch, wenn ich in dem Zirkus mittlerweile die Oma bin. Ich bin immer schon mit dem Kopf durch die Wand – wie gesagt, wenn ich mir einmal was in den Kopf gesetzt habe…“ Breites Grinsen. Mit dieser Oma werden die Enkelinnen rechnen müssen. Alter: 33 Wohnort: Bad Aibling & Samerberg Beruf: Bike Profi Sponsoren: Trek Bicycles, SRAM, RockShox, Norrøna, Sonax, Etnies, Kenda Karriere: 2. Crankworx Pumptrack Red Bull District Ride 2022 FMB World Tour Ziele für die Zukunft: Mein gesammeltes Knowhow als Rundum-Betreuerin für Bike-Profis zu verknüpfen Media: www.kathikuypers.de @kathikuypers @KathiKuypersAthlete @senderella_official KATHI KUYPERS „Radlfahren ist meine Droge“ Fotos: Wolfgang Watzke Fotos: Theo Acworth Fotos: flohagena.com

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