Bergstolz Issue No. 111

20 GROSSGLOCKNER Bergstolz Ski & Bike Magazin • 01 | 2023 DER GROSSGLOCKNER Mit 3.798 Metern ist der Großglockner – häufig auch einfach nur Glockner genannt – der höchste Berg Österreichs. Die markante Spitze krönt die Glocknergruppe, eine Bergkette im mittleren Teil der Hohen Tauern, und gilt als einer der bedeutendsten Gipfel der Ostalpen. Erstbestiegen wurde der Großglockner im Jahr 1800 von einer Großexpedition, der 62 Teilnehmer angehörten. Diese Expedition transportierte auch das 3,8 Meter hohe Gipfelkreuz auf den Glockner und stellte es auf. Die ersten, die mit Ski auf den Großglockner stiegen, waren Max Winkler und Fritz Strobl. Die später erfolgte Umrundung des Glocknermassivs, die Glocknerumfahrung, wurde seither zu einer beliebten Skitour. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts interessierten sich Extremskifahrer zunehmend für die Eisanstiege der Nordseite: Die Pallavicinirinne wurde 1961 erstmals von Gerhard Winter und Herbert Zakarias befahren. 1981 durchfuhr Stefan Eder die Berglerrinne, 1986 gelang Andreas Orgler die Befahrung der bis zu 70° steilen Mayerlrampe. Trotz seiner Steilheit gilt der Berg heute für Skitouristen als beliebtes Ziel. Die Stüdlhütte ist daher auch während der Tourensaison von März bis Mai geöffnet und der Großglockner wird als Skitourenziel intensiv beworben. Der Aufstieg mit Skiern ist über das Ködnitzkees oder das Hofmannskees möglich. Üblicherweise wird jedoch nicht mit Skiern bis ganz zum Gipfel aufgestiegen. WICHTIG: Auch wenn die Hochtour auf den Großglockner eine vielfach beschriebene und begangene Skitour ist, ist sie meiner Meinung nach nicht zu unterschätzen. Der exponierte Gipfelgrat erfordert Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und kann mitunter auch zur Geduldsprobe werden. An besonderen Tagen kann der Gipfelgrat aufgrund vieler Seilschaften zusätzlich herausfordernd werden und sollte auf keinen Fall unterschätzt werden. Auch der Abstieg erfordert aufgrund der Schlüsselstellen höchste Konzentration. Deshalb: Wer auf dem Großglockner stehen und das Erlebnis genießen will, sollte sich dafür unbedingt einen Bergführer buchen. I N F O B O X Zügig machen wir uns auf den Weg zum Glocknerleitl, wo wir auf ca. 3.200m das Skidepot errichten und uns die Steigeisen anziehen. Mit Pickel in der Hand stapfen wir das sogenannte Eisleitl hinauf. Die Bedingungen an diesem Tag sind einfach, wir können einfach im Schnee hochstapfen, ohne auf Eis zu treffen. An manchen Tagen kann diese 45° Rinne schon zur ersten Schlüsselstelle werden. Nach der Einschartung steigen wir entlang des Grates konzentriert im felsdurchsetzten Gelände bis zum Kleinglockner (3.770m) hoch. Der Ausblick ist bereits von hier einzigartig, die Fernsicht an diesem Tag grandios. Ehrfürchtig blicke ich hinunter zur Pasterze, bevor wir als Dreierseilschaft den Schneegrat überwinden. Vor uns liegt nun die Glocknerscharte, zu der wir kurz abklettern müssen, bevor wir auf der anderen Seite das schwierigste Stück, eine Wandstufe im Schwierigkeitsgrad II+, in Angriff nehmen können. Zwei, drei Schritte und wir haben den schmalen Schneegrat überwunden. Um ganz ehrlich zu sein: ich bin froh, diese Stelle überwunden zu haben, so imposant und beeindruckend sie ist, so großen Respekt habe ich auch davor. Die Wandstufe meistern wir zügig und dann… sind es plötzlich nur noch ein paar Schritte zum Gipfelkreuz des Großglockners, dem höchsten Berg Österreichs. Überglücklich stapfe ich die letzten Meter zum Gipfel hoch – wir haben es tatsächlich geschafft, wir stehen gemeinsam am höchsten Gipfel Österreichs – alle drei zum ersten Mal, Viktoria Rebensburg, Sabine Schipflinger und ich. Wir sind unglaublich happy und können es kaum fassen. Welch eine Achterbahnfahrt war das die letzten Stunden! Wir hatten unser Ziel die gesamte Zeit über vor Augen. Und doch hatten wir es nicht allein in der Hand, ob wir es auch erreichen würden. Nur dank der tatkräftigen Unterstützung von Mutter Natur konnten wir an diesem Tag tatsächlich unter dem Gipfelkreuz unsere Umarmungen und High-Fives austauschen. Sie hat uns fürs Durchhalten belohnt – und wir hatten den Gipfel des Großglockners, den höchsten Punkt Österreichs, komplett für uns alleine. Nur eine einzige Zweierseilschaft, die über den Stüdlgrat den Gipfel bestieg, hatte wohl ähnliches erlebt wie wir und wurde ebenfalls mit einem einzigartigen Gipfelerlebnis belohnt. Apropos Großglockner via Stüdlgrat - ich glaub, ich hab schon ein neues Ziel und freu mich auf das nächste Bergerlebnis…

RkJQdWJsaXNoZXIy Mzk0ODY=