Bergstolz Issue No. 111

18 GROSSGLOCKNER Bergstolz Ski & Bike Magazin • 01 | 2023 Auch auf mich hat der Großglockner seit Jahren eine Faszination ausgeübt. Und ganz ehrlich gesagt, es hat mich auch ein bissl gewurmt, dass ich zwar auf vielen Gipfeln dieser Welt zum Skifahren war, aber eben noch nie am Großglockner gestanden bin, und das als österreichische Wintersportlerin. Es gab in der Vergangenheit nicht nur ein Gespräch, wo mich mein Gegenüber mit großen Augen angeschaut hatte: „Wie? Du warst noch nie am Großglockner, Sandra? Das hätt‘ ich jetzt nicht gedacht…“ Im Sommer (2020) hatte ich die Idee für die Trans Salzburgerland – einer Skidurchquerung vom Gasteinertal ins Glemmtal, die für die Dokumentationsreihe Bergwelten für ServusTV verfilmt wurde und im Jänner 2022 erstausgestrahlt wurde. Bereits bei der Routenplanung für die mehrtägige Skidurchquerung durch die Hohen Tauern kam der Großglockner immer wieder mit ins Spiel: War doch Heiligenblut am Fuße des Großglockners das Etappenziel des zweiten Tages, die Pasterze, der größte Gletscher Österreichs, unsere Etappe für den vierten Tag auf der Nordseite des Großglockners… Und zu guter Letzt sieht man den Großglockner auch noch, wenn man im Gasteinertal - zum Beispiel in Sportgastein - unterwegs ist… Doch mein ganzer Fokus galt im Winter 2020/21 vorerst der „Trans Salzburgerland“, die wir – Viktoria Rebensburg, Sabine Schipflinger und ich – im März 2021 gemacht haben. Während unserer fünftägigen Skidurchquerung von mir daheim im Gasteinertal ins Glemmtal, Sabines Heimat, hatten wir den Großglockner ständig im Blick und in unseren Gedanken: Auf unserem ersten Gipfel, dem Silberpfennig, zwischen dem Gasteinertal und dem Raurisertal. Als wir am Hohen Sonnblick gestanden sind und unsere Blicke Richtung Westen, entlang unseres weiteren Routenverlaufs, gingen. Bei unserem nächtlichen Aufbruch aus Heiligenblut entlang der Großglockner Hochalpenstrasse hinauf Richtung Oberwalderhütte. Und natürlich bei unserer Nacht im Biwak, die wir im Angesicht des Großglockners verbracht haben. Dass ich an diesem Tag mit dem Fernglas von der Franz-Josefs-Höhe aus unzählige Menschen beim Auf- und Abstieg des Großglockners beobachten konnte, hat meine Sehnsucht, irgendwann selber auf diesem Gipfel zu stehen, nur weiter verstärkt. Doch es galt den Fokus im Hier und Jetzt zu halten. Am Gipfel des Manitzkogels, dem letzten Berg unserer Trans Salzburgerland, und beim Blick zurück in die Hohen Tauern, konnte ich mich aber nicht mehr zurückhalten und es ist förmlich aus mir rausgeschossen: „Den Glockner könnt‘ ma noch gehen!“ Im Tal herrscht bereits Frühling und die Felder sind grün, als Sabine Schipflinger und ich nach Kals am Großglockner fahren, um uns am Parkplatz direkt hinter dem Lucknerhaus auf 1.920m mit Viktoria Rebensburg zu treffen. Auch Sabine war noch nie zuvor am Großglockner, die Vorfreude auf die Winterbesteigung ist auch bei ihr riesig, gilt der höchste Gipfel Österreichs doch auch als Paradeskihochtour für erfahrene Skitourengeher und wenn’s um Skitouren gehen geht, ist Sabine ohnehin immer sofort bereit. Die Ski auf dem Rucksack montiert starten wir zunächst wandernd los. Die warmen Frühlingstemperaturen haben bereits gute Arbeit geleistet. Erst nach der Lucknerhütte auf 2.241m können wir auffellen und steigen von dort im bewährten „Trans Salzburgerland – Rhythmus“ weiter auf. Während des Zustiegs zur Stüdlhütte bedecken Wolken den Himmel, sogar ein kurzer Regenschauer erwischt uns und ein Blick auf den Gipfel des Großglockners bleibt uns an diesem Tag sogar gänzlich verwehrt. Die 925 Höhenmeter legen wir in ca. 2,5 Stunden zurück, und wir erreichen unser Ziel, die Stüdlhütte auf 2.801m, wie geplant am späten Nachmittag. Wir hatten beschlossen, den Glockner als 2-Tagesetappe, eben mit Übernachtung in der Stüdlhütte anzugehen. Ich hab ein mulmiges Gefühl: Sollte die Vorhersage vielleicht doch nicht stimmen, haben wir den idealen Zeitpunkt für die Glocknerbesteigung gar verpasst, steh ich auch diesen Winter nicht am höchsten Berg Österreichs? Ich versuch positiv zu bleiben, die Vorhersage ist gut, morgen Vormittag soll es ein Wetterfenster geben. Nach reichlicher und leckerer Pasta versuchen wir ein paar Stunden zu schlafen, den Wecker stellen wir uns für 2 Uhr früh. Ob ich in dieser Nacht wirklich geschlafen hab, kann ich nicht mehr wirklich sagen, bereits beim ersten Ton meines Handys bin ich hellwach. Ohne viel zu sprechen, packen wir unsere Sachen und treffen vor der Hütte auf unsere Filmer Max Maier und Franz Hinterbrandner, die uns auch schon bei der Trans Salzburgerland begleitet haben, sowie Fotograf Max Draeger. Es ist stockdunkel. Regnet oder schneit es da sogar leicht aus dem Nebel raus? Im Schein unserer Stirnlampen und fast lautlos steigen wir auf und erreichen das Ködnitzkees. Wir entscheiden uns an diesem Tag für den direkten Weg über den Gletscher. Also montieren wir die Ski auf den Rucksäcken und stapfen

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