Bergstolz Issue No. 110

einem durch den Kopf gehen, bevor man in so einen Tag startet, sind dieselben und so bleibt es wohl auf ewig beim Kaltstart, der sich anfühlt, wie ein gut gefüllter Aschenbecher nach einer gelungenen Party riecht. Bescheiden. 06.00 – Fahrt der Hoffnung Mit Thermobecher bewaffnet und in die wärmsten Klamotten eingepackt geht es Richtung Parkplatz, an dem wir unsere Splitboards in den Schnee werfen und noch mit müden Augen hinauf zum Gipfel blicken. Im März ist es zumindest schon hell und die Sonne lässt den Körper langsam wach werden. Das Ziel noch fern, aber fest vor Augen stellt sich in den Gedanken eine gewisse Polytonalität ein. Ein Wellenbad an Spannungsbögen, dass sich über die letzten neun Jahre immer wieder aufgebaut und mit einer Ernüchterung entladen hat. Eine Mischung aus Euphorie, Zweifel, Sorgen und positiver Anspannung. Eine Achterbahn der Gefühle, die sich nicht beruhigen lassen, bis sie bekommen haben, was sie wollen. Ist heute der Tag? Kommt heute alles zusammen? Klappt es diesmal? Oder fahren wir am Ende doch wieder enttäuscht über die bereits bekannte Abfahrt ab? 08.00 – Aufstieg ins Ungewisse Der übliche morgendliche Talk verfliegt und auf den ersten Metern füllen sich die Lungen mit Luft. Die Stimmung entlang des Baches verzaubert uns und lässt uns im Moment, im Hier und Jetzt, sein. Wir nehmen die Umgebung intensiv wahr und erfreuen uns der Schönheit und Stille der Natur. Ab diesem Moment war der Weg das Ziel und das Gefühl der Euphorie – basierend auf Lawinenlage-, Wetterbericht, Erfahrung und Know-how – übernimmt das Kommando. Die Hausaufgaben sind gemacht, denn mein Handwerk verstehe ich. Jetzt muss es nur noch passieren, aber wie so oft liegt es nicht in meinen Händen. Das zu akzeptieren fällt schwer. Wenn es aber gelingt, ist es eine Befreiung vom Zwang des Müssens. Nach zwei Stunden Aufstieg ist der Kopf längst auf Autopilot, bis der Gipfel und die Line ins Blickfeld rücken. In diesem Moment überkommt einen wieder ein anderes Gefühl. Vater Zweifel is back und begleitet uns auf den letzten Metern bis zu unserem Ziel. SPIELBERG 51 Bergstolz Ski & Bike Magazin • 08 | 2022

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