KNOW-HOW 55 Bergstolz Ski & Bike Magazin • 07 | 2022 mit Christian "Fesi" Festner Seit 12 Jahren passt Fesi, in dem wohl renommiertesten Boot-Fitting-Shop Österreichs, den Kunden die Skischuhe individuell und in feinster Handwerksarbeit auf Maß an. Als erfahrener Bootfitter im Sporthaus Strolz und SIDASTrainer leitet er ein Team von 15 Mitarbeitern. Wenn man einen neuen Skischuh braucht, wie geht man dieses Thema am geschicktesten an? Man kann sich vorab gerne online informieren aber die richtige Analyse findet dann definitiv immer vor Ort im Shop statt. Natürlich kann man einen Schuh auch online kaufen, aber zu 90% kommen die Leute dann sowieso in einen Shop, weil die Schuhe nicht passen bzw. noch angepasst gehören. Es gibt eine riesen Vielfalt an unterschiedlichsten Skischuhen und Skischuhmarken. Macht ein Kaufverhalten nach Testrezessionen, Image, Preis, Farbe oder Sympathie auch beim Schuhkauf Sinn oder eher nicht? Wenn jemand eine ganz bestimmte Marke oder Farbe will, erkläre ich den Leuten immer sofort, dass es nicht um Fashion geht, sondern der Schuh und dessen Funktion im Vordergrund stehen - das muss einfach zu 100% passen. Ich analysiere den Fuß und nehme selten mehr als 3 Modelle zum Anprobieren, dann ist es für den Kunden auch nicht mehr so verwirrend und er hat trotzdem eine gute Auswahl. Bei der Analyse der Fußform kann man den Kunden sehr gut erklären, wo die Unterschiede liegen und warum man mit einem bestimmten Modell glücklicher werden wird. Was sind die häufigsten Fehler, wenn man keine oder eine schlechte Beratung bekommt? Die Größe und das Volumen. Zu uns kommen extrem viele Kunden, deren Schuhe wir kleiner machen sollten, weil sie diese – meist online – zu groß gekauft haben. Auf der Piste merken sie dann schnell, dass der Schuh zu groß ist, und der Bootfitter soll zaubern. Wir haben zwar Möglichkeiten, mit Wärme und gewissen Straps, Sohlen, BootBoards, Klebepads für Ferse, Knöchel und Zehenbox, und noch den einen oder anderen Trick, um das Volumen der Schale oder des Innenschuhs zu reduzieren. Aber selbst dann wird der Schuh nach einiger Zeit wieder größer werden. Kurz gesagt: Zu groß kaufen ist sicher der größte Fehler, den man machen kann. Wie passiert dieser häufige Fehler? Wenn der Kunde in einen Schuh schlüpft und glaubt dieser sei zu eng, dann denkt er kaum daran, dass der Innenschuh noch nachgibt und das schon spürbar schnell. Einen Innenschuh muss man immer zuerst einfahren. Was, wenn der Skischuh nach einigen Fahrten zu schmerzen beginnt? Ein neuer Schuh gehört auf alle Fälle zuerst eingefahren. Die Schnallen sollten am Anfang kompakt, aber nicht zu fest geschlossen sein. Lieber im Laufe des Tages step-by-step enger schnallen. Gerade wenn man viel Sport betreibt, verändert sich der Fuß auch oftmals innerhalb eines Jahres – Überbeine, Verletzungen, usw. – hier lässt sich ein Skischuh wieder anpassen. Mit den Materialien aus denen ein Skischuhe heute gemacht ist, kann wirklich beinahe alles angepasst werden. Da gibt es kaum Grenzen. Was kann man beim Bootfitting denn alles anpassen? Der Skischuh mit Schale, Innenschuh und Sohle wird so angepasst, dass der Fuß komfortabel gestützt wird und Energien auf den Ski übertragen kann. Die Canting-Einstellung ist so, wie wenn ich beim Auto die Spur einstelle, gerade bei einer O- bzw. X-Bein-Stellung ist sie besonders wichtig. Wie schon erwähnt: Das größte Problem stellt ein zu groß gekaufter Schuh dar. Wieviel Aufmerksamkeit widmest du den jeweiligen Bereichen: Schale, Innenschuh, Sohle? Die Sohle ist das Fundament und wird als erstes behandelt. In einem statischen Schuh wie dem Skischuh ist sie das Um und Auf, weil der Fuß nicht dafür gemacht ist, in einem harten Plastikschuh zu stehen. Die Sohle ist die Verbindung vom Fuß zum Skischuh und weiter zum Ski. Sie kann den Fuß entlasten und ist essenziell für eine optimale Kraftübertragung. Danach kommt der Innenschuh und am Ende bearbeiten wir die Schale. Stichwort Socken – ein unterschätzter Baustein für eine perfekte Passform bzw. Komfort? Der größte Fehler ist der, zu glauben, dass der dickste Socken der wärmste ist, dieser Mythos hält sich überraschenderweise immer noch. Die Material-Mischung macht den Unterschied. Kunstfaser ist z.B. schnelltrocknend und ein guter Ableiter von Feuchtigkeit, und Naturfaser ist geruchshemmend und angenehm auf der Haut. Der Socken ist also ein sehr wichtiger Baustein. Bootfitting schraubt die Kosten nochmal ordentlich in die Höhe – warum zahlt es sich trotzdem aus, hier zu investieren? Bootfitting ist Handwerk. In einer guten Werkstatt findet man Nähmaschinen, Fräsen, Schleifmaschinen, Anpassungs-Tools für Schalen... Für das perfekte Ergebnis, nämlich ohne kalte Füße, Schmerzen und Beschwerden skizufahren, egal bei welchem Wetter, zahlt sich ein professionelles Bootfitting aus. Wenn man dann noch daran denkt, dass man nur alle 5 – 8 Jahre einen neuen Skischuh braucht, halten sich auch die Kosten im Rahmen. Einige Top-Adressen von West nach Ost • Sport und Mode Strolz // schuhe@strolz.at • KAMAX Boots & More // www.kamaxboots.at • Sporthaus Jennewein & Sport Alber in St. Anton • Sport Kecht // info@sport-kecht.com • Blacksheep Sports // blacksheepsports.de MEINE EMPFEHLUNG! • Gerhard Neumayer (8 Jahre Weltcup-Rennservice bei Atomic) Intersport Schneider - 5541 Altenmarkt // info@intersport-schneider.at INTERVIEW
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