Bergstolz Issue No. 109

54 KNOW-HOW Bergstolz Ski & Bike Magazin • 07 | 2022 KNOW-HOW mit Eva Walkner EINE NUMMER ZU GROSS Schon in meinen jungen Rennsportjahren als ÖSV-Läuferin habe ich gelernt, Skischuhe gehören bei Übersee-Flügen immer ins Handgepäck und ins Hotelzimmer. Berechtigt! Während Skier, das restliche Equipment und die Bekleidung so gut wie immer ersetzbar sind, sind es die eigenen Skischuhe nicht. So unterschiedlich wie wir Menschen, so individuell sind auch unsere Füße. Kein Fuß gleicht dem anderen, und nicht jede Schalenform passt an jeden Fuß. Dazu kommt: Reinpassen ist zu wenig, der Schuh soll eng sitzen, dabei aber nicht drücken und schmerzen. Den Skischuhen wird meiner Meinung nach noch immer nicht die Beachtung geschenkt, die sie verdient haben, nämlich die meiste. Er ist die Verbindung von Mensch und Ski und so manch einer wäre überrascht, wie sehr ein perfekt angepasster Skischuh das eigene Fahrverhalten beeinflussen kann. Deshalb bin ich ein absoluter Befürworter von Boot-Fitting. Im Profi-Sport gehört das Anpassen der Schuhe zur Normalität. Hier ist es ein stetiges Tüfteln, Testen undWerken. Eine Boot-Fitting-Session dauert locker mal einen ganzen Nachmittag bzw. auch mehrere unterschiedliche Tage. Oftmals ist es ein langsames Herantasten an den perfekt passenden Schuh. Gute Bootfitter können beinahe alles, vor allem können sie die Probleme der Kunden in die jeweiligen Lösungen übersetzen. Eines können sie aber nur bedingt - den meistbegangenen Fehler beim Skischuhkauf zu korrigieren: Zu große Skischuhe kleiner machen. Immer wieder schreiben mir Leute oder reden mich darauf an, der Schuh sei zu groß. Eigentlich war beim Kauf alles OK, die kleinere Größe hätte sich zu eng angefühlt und deshalb hat man sich für die gefühlt richtige größere Größe entschieden. Fesi erklärt im Interview ganz genau, was sich noch korrigieren lässt und was nicht mehr möglich ist. Was genau kann man nun aber tun, um den Skischuh anzupassen? Ich selbst habe z.B. eine Zwischengröße, nehme den kleineren Schuh und lasse ihn dann im Zehenbereich ausfräsen. In Vergessenheit sollte auf keinen Fall die Einlagesohle geraten. Seit 15 Jahren fahre ich nun mit meinen angepassten Sidas-Sohlen. Der Unterschied zu den Standard-Sohlen ist unvergleichlich und deutlich spürbar. Auch das Thema Kälte ist ein essenzielles. Kalte Zehen kennen wir alle. In meiner aktiven Rennsport-Zeit hatte ich beim Downhilltraining bei -25 Grad eine Erfrierung der Zehen davongetragen, deren Nachwirkungen mich immer noch begleiten. Ich greife trotzdem auf die dünnsten Socken zurück – eine leichte Kompression und eine Merino- Polyester Mischung. Denn ein dickerer Socken schützt nicht unbedingt vor Kälte. Auch diesem wichtigen Thema haben sich Firmen angenommen und arbeiten stetig an Innovationen und neuesten Technologien. Mit einer neuen und patentierten Technologie geht Sidas kommenden Winter 23/24 noch einen Schritt weiter in Richtung Problemlösung bei kalten Füßen. Seid gespannt! Nun aber in medias res! Anhand meines Beispiels ist gut zu sehen, wieviel an meinem Freeride-Schuh gearbeitet wurde, damit er wie angegossen passt und die optimale Kraftübertragung bietet. Im Tecnica Headquarter in Giavera del Montello übersetzt „Il Maestro“ Ivan Rensi, eine absolute Koryphäe in seinem Gebiet, meine Probleme in seine Boot-Fitting-Sprache. Dabei werden sämtliche Werkzeuge eingesetzt, von der Fräse bis hin zur Nähmaschine. Natürlich hängen die Möglichkeiten auch sehr stark vom jeweiligen Modell ab. Ein Rennschuh lässt sich ganz anders bearbeiten als ein Tourenskischuh. Ich nutze auch die Möglichkeit, meinen Tourenskischuh z.B. mit einer Plastikverstärkung vorne an der Manschette steifer und abfahrtsorientierter zu machen. ... Als Ergebnis bekomme ich einen individuell an meine Bedürfnisse angepassten Freerideboot. Für alle, die ebenfalls "ohne kalte Füße, Schmerzen und Beschwerden" Ski fahren wollen, kommt hier alles, was man über Bootfitting wissen muss. Eure Eva • Angepasste SIDAS-Einlagesohle • Booster Strap Kanting Einstellung • Komfortabler und hoher Innenschuh. Damit habe ich meine hohe Anfälligkeit für Schuhrandprellungen in den Griff bekommen. Wichtig, wenn ich in die Rückenlage gezwungen werde. • • Ausfräsungen wegen Überbein bzw. Druckstellen • Ausfräsung wegen Überbein. • Keil an der Schale fixiert + zusätzlicher Keil am Innenschuh fixiert, für mehr Vorlage und Volumenreduzierung (schmale Waden) • Gummisohle auf dem Rennschuh, für mehr Grip bei Zustiegen • Rutschfestes Material auf das Boot-Board geklebt, für mehr Grip des Innenschuhs • Geschäumte, formangepasste und höhenverstellbare Zunge. Damit bekam ich mein immer wiederkehrendes „Shin Splint Syndrom“ in den Griff. Foto: Karol Jaworski-Richards

RkJQdWJsaXNoZXIy Mzk0ODY=