Bergstolz Issue No. 108

32 G R O S S V E N E D I G E R Bergstolz Ski & Bike Magazin • 06 | 2022 Auf dem Weg der Pioniere durften wir dank komfortablem Zustieg mit dem E-Bike und perfekten Verhältnissen eine traumhafte Skihochtour erleben. Von Pulver-Freuden im Mai, der Faszination Frühjahrsskitour und wie die Erstbesteiger um Ignaz von Kürsinger aufgrund von Begriffen wie „weltalte Majestät“ und „Türkische Zeltstadt“ auch heute noch Teil einer jeden Bergfahrt zum Eisriesen der Hohen Tauern sind. „Sie treten in die schweigende Nacht, ein sternenklarer Himmel überspannt das weite Firmament, der Schein des Mondes taucht das Bergrund in lichten Schimmer. Stille herrscht, eine ernste Stimmung erfasst die Herzen der Bergsteiger angesichts der Ungewissheit ihres Vorhabens und der drohenden, unbekannten Gefahren.“ So beschreibt Oskar Kühlken in seinem romantischen Tatsachenbericht „Die weltalte Majestät“ die intensive Stimmung am Morgen der Erstbesteigung des Großvenedigers. Es ist halb fünf, als wir uns an einem ebenfalls sternenklaren und noch dunklen Morgen am Parkplatz Hopffeldboden zum Aufbruch bereit machen - voller Vorfreude auf einen erfüllten Tag am Berg und die vielleicht letzten Ski-Schwünge der Saison. Müdigkeit weicht konzentrierter Anspannung: Es steht uns zwar keine Erstbesteigung bevor, aber auch 181 Jahre später ist die Tour auf den Großvenediger noch immer eine lange und anspruchsvolle Unternehmung. Die Ski an den Rucksäcken festgezurrt, die E-Bikes gesattelt - sanften Pedaltritts rollen wir die steilen Kehren des Obersulzbachtals hinauf. Dem Tagesanbruch eines kühlen Mai-Morgens und einer der klassischen Frühjahrsskitouren in den Hohen Tauern entgegen. Faszination Frühjahrsskitour Es ist Anfang Mai. Das einzige Weiß im Tal ist die Apfelblüte, an Schnee und Ski denken bei frühsommerlichen Temperaturen nur noch wenige. Für uns ist es die vielleicht beste Zeit im Jahr: In keiner anderen Jahreszeit leuchten die Berge so intensiv, einladend und kontrastreich. Während der Frühling die Täler in ein sattes Grün taucht, verpasst er den Gipfeln des Alpenhauptkammes mit jedem Niederschlag einen weißen Anstrich. Dem Lockruf der frisch geweißelten Hohen Tauern und den unzähligen Tourenmöglichkeiten können wir nicht widerstehen. Der Großvenediger als Grande Finale einer langen Saison auf zwei Brettern. Im morgendlichen Zwielicht den 3.000ern entgegen Auf Höhe der Berndlalm legt sich das Obersulzbachtal etwas zurück und eröffnet den Blick auf die schroffen Spitzen der Schliefertürme (3.142m). Die Dämmerung erhellt langsam die Gipfel des Krimmler Kamms und der Venediger Gruppe. Es ist kalt, die breiten Reifen unserer E-Bikes knirschen auf dem gefrorenen Schotter und durchbrechen immer wieder das dünne

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