Bergstolz Issue No. 108

18 THE ULTIMATE RUN Bergstolz Ski & Bike Magazin • 06 | 2022 Sage und schreibe 90 Drehtage hat es gebraucht, bis alles im Kasten war, was es für den ultimativen Run braucht. „Manchmal war der Schnee schlecht. Oder das Licht. Oder es gab Wolken. Alles in allem waren es sicher 70 wirkliche Filmtage, die wir hatten“, rechnet Daniel Schiessl vor. „Wobei uns oft schon direkt am Berg klar war, dass das jetzt vielleicht drei Sekunden waren, die wir für den fertigen Film verwenden würden…“ Die vielen Filmtage sind aber auch dem unbedingten Willen zur Perfektion geschuldet: Der Film sollte nicht nur Markus‘ höchstes Niveau widerspiegeln, sondern auch das Beste sein, was LOS produzieren kann. Alle Aufnahmen sollten von Licht, Schnee und Stimmung zusammenpassen – da braucht es viel Geduld. Und eine hohe Frustrationsgrenze, wenn man drei Wochen lang mal nicht einen einzigen Shot machen kann, weil das Wetter nicht mitspielt, weil es nicht schneit wie vorhergesagt, weil zu viel Wind drin ist und dort, wo Powder sein hätte sollen, blanke Eisplatten rausschauen. Insgesamt aber war der Zeitpunkt optimal gewählt, denn die beiden Winter, in denen „The Ultimate Run“ gefilmt wurde, waren für Südtiroler Verhältnisse außergewöhnlich schneereich. „Auch wenn uns im Frühjahr 2020, so wie allen anderen auch, einen Strich durch unsere Drehtage-Rechnung gemacht hat.“ Auf der Kippe steht das Projekt nie, auch wenn LOS im Mai 2020 das Projekt zu hinterfragen beginnen: „Es war immer klar, dass ‚The Ultimate Run‘ mit den Zermatt-Aufnahmen steht und fällt. Und die kann man halt nur im Mai und Juni machen. Nach dem ersten Winter, der mit Covid unvorhergesehen abgekürzt wurde, war uns allen klar, dass im darauffolgenden Frühjahr nichts schief gehen dürfte“, erzählen die beiden von den kritischsten Momenten des Drehs. Dann aber grinst Tobi: „Ansonsten hätten wir echt noch ein drittes Jahr dranhängen müssen. Wir hätten sicher nichts halbschariges abgegeben, das war keine Option für uns!“ Nach zwei Jahren und 90 Drehtagen waren endlich auch die Zermatt-Shots im Kasten. Es ging ans Schneiden. „Nachdem wir eineinhalb Jahre einfach unser Ding gemacht haben, kam jetzt nicht nur das Red Bull Team mit an Bord, wir waren plötzlich auch irgendwie nicht mehr sicher, ob das jetzt gut ist, was wir gemacht hatten. Man verliert nach so einem Zeitraum ein bisschen das Gefühl dafür, weil man so drinsteckt“, erinnert sich Tobi. Massen an Footage warteten darauf, gesichtet und geschnitten zu werden, verwendet oder verworfen zu werden. Dass diese Aufgabe nicht vollkommen ausgeufert ist, ist dem glücklichen Händchen – und der langjährigen Erfahrung – des Produktionsteams zu verdanken. Es wurden nicht nur über den gesamten Drehzeitraum bereits Probeschnitte gemacht, sondern den Filmschnitt selbst hat Regisseur Christoph Thoresen übernommen, der jede Sekunde an Material auswendig kannte. Überraschend großes Thema war aber die Musikauswahl: Es gab eine Version mit einem eigens für den Film komponierten Musikstück – das letztendlich aber trotzdem in der Tonne landete. Alles sollte perfekt sein – um dem Anspruch des Athleten sowie des Produktionsteams gerecht zu werden, aber auch dem Aufwand, der zwei lange Jahre für den Film betrieben wurde. Es sollte einfach nicht das kleinste Detail am fertigen Produkt geben, das man im Nachhinein besser machen hätte können. Keine Mühen wurden gescheut in Sachen Sound-Bearbeitung oder Farbbearbeitung, Perfektion war das Gebot der Stunde. Im September 2021, fast auf den Tag genau zwei Jahre nach dem ersten Treffen, war es soweit: „The Ultimate Run“ war fertig, der zehnminütige Film von seinem Hauptdarsteller und Ideengeber abgesegnet und sämtliche Buchstabendreher in den Credits ausgebessert. Ein glücklicher Zufall wollte es, dass Lee Niederkofler, ein Freund Markus Eders aus seinem Heimattal, Spezialist in Sachen Farbbearbeitung war und auf diesem Gebiet eine Riesenkarriere gemacht hatte. Nach Fertigstellung des Films bemerkte er gemeinsam mit Audio-Bearbeiter Alex Haslinger, dass sie schon wesentlich schwächere Filme bei verschiedenen Filmfestivals – und nicht nur Actionsports-Festivals - und den Emmys eingereicht hätten – die durchaus Chancen gehabt hätten. „Wir waren zuerst ein bisschen ungläubig, haben uns dann aber schlau gemacht: Also man muss seinen Film einreichen – und das kostet eine ziemlich ansehnliche Summe. Die dient wahrscheinlich als Abschreckung, damit nicht eine Million Filme eingereicht werden“, erzählt Tobi Reindl vom Road-toEmmy. „Wir sind dann aber in die Vorauswahl gekommen, wollten aber eigentlich gar nicht hin, weil das ein riesiger Aufwand war. Irgendwann hat der Markus aber gesagt ‚Wir fahren da schon hin, oder?!‘, und da war die Schnapsidee geboren. Daniel, Christoph und Markus haben die Anzüge eingepackt und sind nach New York.“ Ohne große Hoffnungen, dafür mit einem Emmy im Gepäck bei der Heimreise. Mittlerweile hat der Original-Emmy zwei Kopien bekommen – völlig legal natürlich. Eine steht bei Markus Eder, eine bei Christoph Thoresen und eine im Legs Of Steel-Büro (geschmückt mit einem LOS-Cap, übrigens). Dort wird groß geträumt: „Wir scherzen oft, dass wir als nächstes James Bond drehen wollen“, lacht Tobi. „Daniel ist sowas wie unser Willy Bogner! Nein, Scherz, wir handeln das eher subtil.“ Und er ergänzt: „Was aber wirklich schön ist, ist, dass wir von vielen unserer Partner jetzt noch mehr Freiheit bekommen. Es ist einfacher geworden, auch ein ungewöhnliches, verrücktes Projekt umzusetzen.“ Was ist jetzt das LOS-Rezept, um einen Emmy zu gewinnen? Wie aus der Pistole geschossen antwortet Daniel: „Ich glaube das Wichtigste ist, eigentlich keinen Preis gewinnen zu wollen. Das gesamte Team

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