Bergstolz Issue No. 102

62 HOMESPOT Bergstolz Ski & Bike Magazin • 12 | 2021 reisen lässt. In der Ferne hören wir bereits das dumpfe Schlagen der Rotorblätter einer Bell 212 - wir bringen uns in Position. Der Pilot begrüßt mich mit einem wissenden, freundlichen Schmunzeln und wir heben ab. Mit einer tiefen Schleife über den wild-mäandrierenden North Thompson Fluss drehen wir in Richtung Südosten. Die Monashee Berge südlich von Blue River sind ein unerschlossener Teil der Columbias im Inland von British Columbia. Hierher gelangt man nur durch eine mehrtätige Expedition mit dem Zelt oder eben mit Hilfe eines Hubschraubers.Wir landen auf 2.400 Meter Seehöhe unter einer markanten Felswand. Der Sprung aus dem Hubschrauber geht etwas weiter als gedacht- wir versinken fast bis zur Hüfte im tiefen, lockeren Schnee. Ich drehe mich um und sehe wie sich der Pilot über den Anblick amüsiert. Sobald der Hubschrauber außer Sichtweite ist, kehrt Ruhe ein. Vor einer halben Stunde haben die Gäste noch am reich gedeckten Buffet in der gemütlichen Lodge gefrühstückt und nun stehen wir hier - inmitten von tiefwinterlicher Wildnis umgeben von mächtigen Gletschern, schroffem Fels und vor allem ganz viel lockerem Neuschnee.Wir schnallen uns die Skier an und blicken auf die traumhafte Abfahrt, die vor uns liegt. Zu Beginn ist der Hang offen und gleichmäßig. Im unteren Teil eröffnet sich eine breite Rinne, mit lichtem Hochwald und kleinen Pillows. Die Stabilität ist gut und der Hang mäßig geneigt - eine ideale Abfahrt, um unsere Muskeln auf den Tag vorzubereiten. Die anfängliche Ruhe weicht nun den Ausrufen der Begeisterung. „Links und rechts von meiner Spur - nach fünf Schwüngen kann der Nächste fahren - genießt es!“ Ich drehe meine Skispitzen nach unten und fahre los. Dieses Gefühl stumpft nicht ab. Die Euphorie, wenn man die erste Kurve ansetzt und sich auf den Ski in den lockeren Schnee fallen lässt. Das Gefühl der Freiheit und der Ausgelassenheit. Im Rücken höre ich die Freudenschreie der Gäste. Am Übergang in die breite Rinne bleibe ich das erste Mal stehen und dreh mich um. Ich beginne vor Freude laut zu lachen. Über den breiten Hang verteilt juchzende Gäste, umgeben von weißen Wolken, die ihnen über die Köpfe ziehen. Manche machen von oben bis unten kurze, rhythmische Schwünge, ein paar bleiben etwas weiter hinten und ziehen dann in langen, schnellen Kurven über den Hang. Der zweite Guide fährt als letzter in den Hang ein um zu helfen, falls es Probleme gibt. Er ist ein hervorragender Skifahrer - wir genießen es ihm zu zusehen. Kaum sind alle da geht es weiter in den lichten Wald. Im verspielten Gelände springen wir über tief eingeschneite Baumstöcke und kleine Felsen. Die Landungen sind so weich, dass man das Gefühl hat zu fliegen. Für mich gibt es kein schöneres Skifahren als das Tree skiing in Kanada. Die Abfahrt war lang und als wir unten ankommen, steht der Hubschrauber schon parat. Der nächste Flug bringt uns ins Herz der mächtigen Gletscher der Gegend. Wir fliegen an blauen Seracs und Gletscherabbrüchen vorbei hinauf zur Landung oberhalb eines langen, ebenmäßigen Hanges. Die Schneemächtigkeit beträgt hier mindestens 5 Meter. Umgeben von den weißen Giganten fühlt man sich klein. Spätestens, wenn man spürt, wie viele Schwünge man machen kann, bis man am Fuß des Gletschers ankommt. Nach vier atemberaubenden Abfahrten entlädt der Pilot in einem sonnigen Joch unser Mittagessen - er fliegt tanken. Gemeinsam mit zwei weiteren Gruppen, mit denen wir uns den Hubschrauber teilen, freuen wir uns auf eine warme Suppe, Tee, frisches Obst und Gemüse und köstliche belegte Brote.Wir genießen den Ort und tauschen uns über unsere Erlebnisse aus. Ja, Heli-Skiing ist Luxus. Nach fünf weiteren Abfahrten neigt sich der Tag dem Ende zu und wir fliegen zurück zur Lodge. Müde und sehr glücklich stoßen wir noch auf den Tag an. Dabei werden die Höhepunkte des Tages noch einmal durchlebt.Wir recherchieren eine frische Tierspur, der wir bei einer der Abfahrten begegnet sind. Es war ein Vielfraß. Bei Einbruch der Dämmerung füllt sich das Guides House wieder. Beobachtungen werden dokumentiert,

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