Neuseeland

SE(LT)SAM ÖFFNE DICH

Im Juli 2006, mit 19 Jahren, flog ich zum ersten Mal nach Neuseeland, um dort als Skilehrerin zu arbeiten. Vier weitere Saisonen als Skilehrerin und zwei als Touristin folgten in den darauffolgenden zehn Jahren. Wanaka, ein kleiner Ort im Süden der Südinsel Neuseelands wurde schnell zu meiner zweiten Heimat.
Obwohl ich zum ersten Mal alleine reiste, mein Englisch definitiv noch ausbaufähig war und ich über 18.000 Kilometer von zu Hause entfernt war, stand für mich schon zu Beginn meiner ersten Saison in den neuseeländischen Alpen fest, dass ich wieder kommen würde.
Zeitsprung ins Jahr 2022: Zwei Jahre durfte man wegen Corona nicht nach Neuseeland reisen. Als im Februar 2022 diese totale Reisesperre aufgehoben wurde, habe ich mich sofort online auf die Suche nach günstigen Flügen gemacht. Im März buchte ich dann schlussendlich meine Reise für Ende Juli bis Anfang September 2022. Zu dieser Zeit lautete die offizielle Regel für Einreisende, sofort nach der Ankunft noch sieben Tage in Heimquarantäne zu gehen.
Freunde von vorangegangenen Neuseeland-Reisen boten mir Unterkunft an und meinten, dass die Quarantäne bei ihnen Zuhause kein Problem für sie wäre – so sind sie halt die Neuseeländer! Die Kiwis sind allgemein sehr optimistische Menschen und so gingen meine Freunde auch davon aus, dass es die Quarantäne bis zu meiner Ankunft sowieso nicht mehr geben würde. In den Monaten vor meinem Abflug berichteten sie mir auch immer ganz aufgeregt über die unglaublichen, noch nie dagewesenen Neuschneemengen, die regelmäßig fielen. Angesteckt vom Optimismus der Kiwis packte ich dann kurzerhand doch meinen breiteren Ski mit einer Mittelbreite von 115 mm ein und los ging es am 31. Juli.
Nach 46 Stunden Reisezeit (inklusive zwölf Stunden Aufenthalt in Singapur) landete ich in Queenstown. Wie von meinen Freunden vorausgesagt, gab es die Quarantänepflicht mittlerweile nicht mehr. Mir wurde lediglich am Flughafen eine Schachtel mit Covid Tests in die Hand gedrückt, von denen ich einen am ersten Tag und einen am fünften Tag meiner Reise machen musste. Eine Rückmeldung per E-Mail über das Testergebnis genügte.

So fuhr ich noch am Tag meiner Ankunft nach Ohau, um dort den Geburtstag eines Freundes zu feiern und meine ersten Skitage zu verbringen. Jedoch hat uns der Wind einen Strich durch unsere Pläne gemacht. Die Lifte mussten beide Tage geschlossen bleiben, weshalb uns nichts anderes übrig blieb, als die Geburtstagsfeier zu verlängern. Nach der wetterbedingten Dauerfeier und ein bisschen Disc Golf im Wald hinter unserer Lodge in Ohau, machte ich mich auf den Weg in meine zweite Heimat.
16 Jahre nach meiner ersten Saison würde ich endlich wieder in Wanaka sein! Ich war nervös und mit jedem gefahrenen Kilometer wurde ich noch aufgeregter. Aber wie die vielen Saisonen davor wurde ich auch dieses Mal nicht enttäuscht. Wanaka ist ein Paradies für alle Outdoorsport- und Naturliebhaber. Skifahren, ob Park, Piste oder Freeride, Heliskiing, Bungy Jumpen, Skydiven,… selbst Mountainbiken und Klettern kann man während der Wintermonate! All das blieb mir aber noch einige Tage verwehrt, da der Wind auch in Wanaka sämtliche Lifte lahm legte. Zumindest hatte das stürmische Wetter auch etwas Positives, es sorgte für gut zehn Zentimeter Neuschnee – für Neuseeländer fetter Powder, besonders nach einigen „closed days“. Nach einem guten ersten Skitag in Treble Cone wurde es leider wieder windig und der Pulver zur Platte.
Auch wenn der Schnee nicht immer gleich ist, Skifahren ist immer Skifahren. Mit den immer gut gelaunten Kiwis ist jeder Skitag besonders und so wurden meine K2 Mind-bender 115C zu Carving-, Park- und Powder Skiern. Mein absolutes Highlight erlebte ich Mitte August, als ich mir einen Traum erfüllte und einen Heliski-Tag mit „Southern Lakes Heliski“ in Wanaka buchte. Heli Pilot und Guide schafften es für jede unserer acht Abfahrten, unverspurtes Gelände und guten Powder zu finden. Verwöhnt und zufrieden von dem perfekten Heli Tag und aufgrund eines schlechten Wetterberichtes - wieder mehr Wind und Regen - plante ich einige kurze Trips an die Küsten Neuseelands. Zwischen Skitagen in Treble Cone, Cardrona, The Remarkables und Coronet Peak, wanderte ich drei Tage ohne Empfang für mein Handy allein durch den Busch auf Stewart Island, sammelte Muscheln und beobachtete Seelöwen und Pinguine in den Catlins, verbrachte Zeit in den Museen und Art Galleries von Christchurch und kam in Kaikoura Pottwalen zum Anfassen nahe.
Obwohl die Trips nach Stewart Island, in die Catlins, nach Christchurch und Kaikoura nicht geplant waren, weil ich eigentlich vorhatte mehr Ski zu fahren, wurde dadurch das Programm meiner Reise vergangenen August noch interessanter. Neuseeland bietet so viel abwechslungsreiche Landschaft und Kultur, die man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte.
Auch wenn man die Spuren der langen Reisesperre noch deutlich sehen und spüren konnte – viele Hotels und Hostels waren immer noch geschlossen und erinnerten teilweise an Geisterhäuser, online gebuchte Busse kamen zu spät oder überhaupt nicht. Einmal, als ich in den Catlins ein Restaurant besuchte um Abend zu essen, hat man mich gefragt, ob es mir nichts ausmache, wenn ich der einzige Gast sein würde. Ich wurde den ganzen Abend als alleiniger Gast in einem Speisesaal mit zirka 15 Tischen bedient!
Es dauert vielleicht noch ein bisschen, bis sich das Leben in Neuseeland wieder vollständig normalisiert und die Spuren der Pandemie verschwinden. Neuseeland wird aber immer Neuseeland bleiben, so wie Skifahren immer Skifahren ist. Und ich werde ebenfalls ganz sicher wiederkommen!