bergstolz

LORRAINE HUBER - FWT Champion


Lorraine Huber Bergstolz

Freeride Worldtour Champion 2017

Text: Ralf Jirgens

„Die letzte Saison hat mir irrsinnig Spaß gemacht, weil ich an einem Punkt angekommen bin, wo ich wirklich im Flow Skifahren konnte, selbst unter Leistungsdruck. Ich hab ein System für mich entwickelt und das dann während der fünf Events einfach immer wiederholt“, blickt Lorraine auf den vergangenen Winter zurück. Dieses System hat auf der Freeride Worldtour 2017 hervorragend funktioniert: Siege in Andorra beim aus Chamonix verlegten Tourstopp und in Fieberbrunn, ein zweiter Platz in Haines, Alaska und ein dritter Rang bei den FWT Finals in Verbier in der Schweiz bedeuteten in der Gesamtwertung den Titel vor Titelverteidigerin Eva Walkner und Arianna Tricomi.

Lorraine Huber Bergstolz

Besonders gefreut hat sie sich, dass ihr in Fieberbunn alles aufgegangen ist: „Das war meine fünfte Fahrt am Wildseeloder, und es ist mir heuer zum ersten Mal gelungen so zu fahren, wie ich es mir vorgenommen hatte. Diese große Freude im Ziel, herrlich.“ Die Vorarlbergerin aus Lech am Arlberg hatte in der Saisonvorbereitung viel an Skitechnik, körperlicher und mentaler Stärke gearbeitet, das sollte die Basis des Erfolgs bilden. „Während eines Runs ist mein Ziel, keine Gedanken zu haben, sondern einfach im Tun zu bleiben. Das ist mir in Fieberbrunn hundertprozentig gelungen: Ich wollte mich nach dem Gewinn in Andorra auf die Sprünge konzentrieren, bin am Start des Wildseeloders in meiner Routine geblieben, damit ich meinen Körper gut spüre. Bei der Fahrt hab ich dann nichts mehr gedacht, nur gehandelt. Das war ein unglaubliches Gefühl, so eine coole Erfahrung! Ich hatte das Gefühl, vollkommen im Hier und Jetzt zu sein und alles unter Kontrolle zu haben.“


Der Weltmeistertitel stellt den Höhepunkt einer langen Freeride-Karriere dar: Schon 2004 nahm die heute 37jährige an Contests teil. Ihre Leidenschaft für das Geländeskifahren entdeckte sie mit 14 Jahren, als sie in den Erwachsenengruppen der Skischule Lech mitfahren durfte. „Ich war wochenlang mit Peter Jochum und Raimund Bischof unterwegs, wir waren nur im Gelände“, erinnert sie sich. Mit 18 begann sie dann richtig zum Freeriden. „Ich bin Martin ‚McFly‘ Winkler einfach überall hinterher gefahren. Der hat damals mit mir zusammen in der Skischule Lech gearbeitet.“

Lorraine Huber Bergstolz

Die Faszination Freeriden hat Lorraine seitdem nicht mehr losgelassen, selbst nach vielen Jahren im freien Gelände und etlichen Podestplätzen im Contestgeschehen ist sie immer noch begeistert: „Ich liebe es einfach im freien Gelände mit Freunden unterwegs zu sein. Ich liebe die Gefühle, die ich beim Freeriden habe. Zum Beispiel ist die Verbundenheit mit der Natur und die ständige Auseinandersetzung mit Schnee, Gelände und Wetter ganz elementar für mich“, versucht sie Worte dafür zu finden. Setzt aber gleich nach: „Trotzdem ginge mir die Herausforderung ab, wenn ich immer nur unverspurte, weite Hänge fahren würde. Ich mag Challenges, und ich versuche immer, mich selbst weiter zu entwickeln. So bin ich halt.“

Auch ihrer Herangehensweise ans Freeriden ist sie stets treu geblieben. Sie fährt ohne Coach, arbeitet aber seit etlichen Jahren mit Konditionstrainer Philipp Anker zusammen. Beim ski- und freeridetechnischen Training setzt sie auf ihre Trainingsgruppe: „Am Arlberg habe ich eine Gruppe an Freunden, mit der ich jeden Tag Skifahren gehen kann. Vollgas und ohne Rücksicht auf die Witterung. Wir trainieren uns gegenseitig.“ Dabei geht es nicht darum, die unberührten Hänge zu finden – auch wenn es davon genügend gibt – sondern anspruchsvolles, verspieltes und steiles Gelände. „Wir suchen ständig nach Gelände, das Sprünge hergibt, wo man mit unterschiedlichen Geländeformen spielen kann. Wir überlegen uns, was wir da machen könnten. Freeriden ist deswegen für mich sehr kreativ, bei mir geht’s eben viel um die perfekte und präzise Ausführung einer Technik und den Style“, erzählt sie. Und der Erfolg gibt ihr Recht: „Am besten bin ich immer in den Contests gefahren, wo mich die Line richtig angemacht hat.“

Lorraine Huber Bergstolz

Dieser Perfektionismus hat sie auch mit dem österreichischen Filmemacher Hanno Mackowitz zusammen gebracht. „Hanno wollte mich in seinem Film haben, weil er wusste, dass meine Skitechnik gut war. Da unser erstes gemeinsames Projekt ‚Lorraine‘ fast ausschließlich aus Zeitlupenaufnahmen bestand, war das eine Grundvoraussetzung“, erinnert sich Lori. Entstanden ist ein ästhetischer Skifilm ohne Dialoge. „Mir ist die Ästhetik sehr wichtig, in Skifilmen nur Action zu bringen ist mir zu wenig. Außerdem bin ich mir gar nicht sicher, ob solche Filme auch das zeigen, was die Zuseher gerne sehen möchten.“ Die Zusammenarbeit dauert bis heute an, in diesem Herbst präsentierten die beiden den Film „STRUKTUR – eine Skispur in der Kulturlandschaft“. Die in schwarz-weiß gedrehte Dokumentation zeigt am Beispiel Arlberg, was Skifilme oft auszublenden versuchen: die vom Menschen geschaffene Kulturlandschaft. Freeriden als Kunstform? „Ja sicher, wenn man etwas eigentlich sehr Schwieriges leicht aussehen lässt, dann ist das auch Kunst.“ Diese Kunstform beherrscht Lorraine perfekt: sie war auch in Warren Miller Produktionen zu sehen und in „Shades of Winter“, dem ersten Film von Sandra Lahnsteiner. „Für mein Alaska-Segment wurde ich 2013 mit dem ‚Best Female Performance‘ Award beim International Freeski Film Festival iF3 in Montreal ausgezeichnet. Eine riesen Ehre!“

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Nach ihrem Weltmeistertitel hagelte es förmlich Auszeichnungen: Lori wurde das Sportehrenzeichen in Gold vom Land Vorarlberg verliehen, außerdem der „Goldene Arlenzweig“, die höchste Auszeichnung des Ski-Clubs Arlberg – der nur an Olympiasieger und Weltmeister verliehen wird. Dabei war sie nie Mitglied des Ski-Clubs Arlberg. Daneben standen Ehrenempfänge in ihrer Heimatgemeinde Lech und bei ihrem langjährigen Sponsor Kästle in Hohenems auf dem Programm – Lorraine Huber steht gerade am Höhepunkt ihrer Karriere. Der Weg hierhin war aber nicht immer einfach.

„Der Weltmeistertitel ist für mich ein Symbol dafür, was in den letzten 10 Jahren passiert ist“, sagt Lori. 2007 veränderten zwei Unfälle ihr Leben: zuerst geriet sie in eine Lawine, wurde aber nicht verschüttet. Zwei Wochen später riss sie sich das Kreuzband. Was folgte waren sieben Monate Reha in Australien, der Heimat ihrer Mutter. „Das brachte mich zum Nachdenken“, meint sie heute. „Es dauerte Jahre bis ich selber daran glaubte, dass ich als Profi-Freeriderin mein Geld verdienen kann. Seit 2008 bin ich jetzt schon selbstständig und Freeride-Pro, drehe Filme und schreibe meine Kolumne, veranstalte als Freeride Coach die Women’s Progression Days und halte Vorträge. Manchmal muss man Dinge probieren und etwas riskieren.“

Lorraine Huber Bergstolz

Klingt nach Hals-über-Kopf, war es aber sicher nicht, viel zu reflektiert wirken Lorraines Entscheidungen, viel zu fokussiert wirkt sie selbst in dem was sie tut. Dass es eine ordentliche Portion Professionalität braucht, um den Traum des Freeride-Pros zu leben, war ihr von Anfang an klar: „Ich habe Marketing studiert, das ist mir hier zugutegekommen. Als reiner Ski-Bum ist es wirklich schwierig, Profi zu werden. Will man langjährige und beständige Partnerschaften mit Sponsoren aufbauen, dann muss man manche Dinge verstehen. Ich hab mir sehr wohl überlegt wofür ich stehe, wofür meine Sponsoren stehen und immer versucht einen guten Fit zu finden.“ Lorraine macht einem im Gespräch schnell klar, dass das auch Arbeit ist: Bloggs schreiben sich nicht von selber, Social Media Kanäle wollen betreut werden, Pressetermine wahrgenommen werden. Das ist nicht immer nur lustig, aber sie ist überzeugt davon, dass es darum geht, Synergien mit seinen Sponsoren zu finden, einen Mehrwert zu bieten – und nicht nur darum, Material zu bekommen. „Es braucht irrsinnig viel Zeit und Arbeit, bis man sich ein Netzwerk und einen Namen aufgebaut hat, das Ganze ist ein Prozess. Mein fachlicher Background aber natürlich auch meine Skiführer- und Skilehrerlizenz haben mir hier sicher geholfen. Und ja, ich bin stolz darauf, mit meinen Sponsoren schon lange Jahre zusammen zu arbeiten.“ Bernd Knünz, Geschäftsführer von Kästle, einem der ältesten Partner Lorraine Hubers, bestätigt sie: „Für eine Skimarke sind erfolgreiche Athleten sehr wichtige Kommunikatoren. Lorraine schweißt aber mit ihren Erfolgen auch das Team zusammen.“

Lorraine gehört heute zu den besten Freeriderinnen der Welt. Ihre Runs sind technisch anspruchsvoll, sie fährt schnell und kraftvoll. Das, was sie allerdings besonders auszeichnet, ist ihre „Never-Give-Up-Mentalität“. Sie hat sich auch nach Verletzungen und Rückschlägen jedes Mal wieder aufgerappelt, ist zurückgekommen. „2007 war mein Kreuzband ab, danach hab ich alles auf eine Karte gesetzt und es hat funktioniert. 2011 bekam ich nicht nur eine Einladung auf der FWT 2012 mitzufahren, sondern auch Pfeiffersches Drüsenfieber. Ich war sechs Monate krank und konnte kaum Skifahren.“ Am Ende der Saison flog Lorraine aus der Freeride World Tour, und beschloss enttäuscht, einmal noch alles zu riskieren und sich über die Freeride Qualifier Tour für Höheres zu empfehlen. „Die Saison 2012/13 ist für mich dann ganz nach Wunsch gelaufen: Ich gewann die Freeride World Qualifier Gesamtwertung und bekam eine Wildcard für das World Tour Finale in Verbier. Dort wurde ich Zweite“, erzählt sie. In der darauffolgenden Saison wurde sie Vizeweltmeisterin, Lorraines Weg an die Spitze schien vorgezeichnet.

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„Dann kam 2015. Ich startete total motiviert und positiv in die Saison. Im Sommer hatte ich hart mit Phil Anker gearbeitet, die Vorbereitung ist optimal gelaufen. Am 26. Dezember verletzte ich mich in Zürs am Knöchel. Das wars: fünf Wochen Reha. Ich war am Boden zerstört, ich hatte doch so hart dafür gearbeitet. Ich tat mir selber leid. Nach ein paar Tagen fasste ich aber den Entschluss, der mir durch diese Wochen helfen sollte: Ich wollte unbedingt in Fieberbrunn an den Start gehen. Ich tat alles dafür - Training, Physiotherapie, Ernährungsumstellung, Akupunktur – und hielt durch: Anfang März wurde ich am Wildseeloder Dritte.“

Verletzungen sind untrennbar mit dem Karriereverlauf eines Spitzensportlers verbunden. Kaum eine oder einer, der unverletzt in die Sportlerpension gehen kann. Bei nur wenigen kommt es allerdings so dick wie bei Lorraine. Beim ersten Contest im Februar 2016 in Chamonix springt sie auf einen Stein und zieht sich eine Fraktur des Tibiakopfes zu. Dazu kommt ein eingerissener Wadenmuskel. „Die Saison konnte ich also wieder vergessen.“ Und wieder richtete sie ihren Fokus auf ein konkretes Ziel, und wieder war dieses Ziel Fieberbrunn. Sechs Wochen nach dem Bruch des Schienbeinkopfes verpasste sie das Podium am Wildseeloder als Vierte knapp.

Lorraine Huber Bergstolz

2017 schließlich eine Traumsaison, vom Weltmeistertitel gekrönt. 2018 wird sie wieder in der Freeride Worldtour starten. Sie will natürlich auch wieder ganz vorne mitmischen. Die Konkurrenz kann sich warm anziehen: „Ich bin seit über 10 Jahren Profi-Freeriderin und fühle mich körperlich und mental stärker als je zuvor.“ Trotzdem versucht sie die Lockerheit zu bewahren: „Eines habe ich gelernt: mich nicht mehr auf Resultate und Podien zu konzentrieren sondern auf den Prozess, das Skifahren selber. Das ist jedenfalls mein Schlüssel zum Erfolg.“ Und beinahe wie zu sich selbst fügt sie hinzu: „Ich muss niemandem mehr etwas beweisen.“

INFO BOX

Lorraine Huber Bergstolz LORRAINE HUBER.
  • 13/03/1980, Austria
  • Austria / Australia
  • Lech am Arlberg, Austria
  • Official sponsors: Bergans of Norway, Lech Zürs, Kästle, Scott
  • Hobbies: Rock climbing, surfing, mountain biking, playing piano

GRÖSSTE ERFOLGE.
  • 2017 | Freeride World Champion
    (1. FWT Chamonix, 1. FWT Fieberbrunn, 2. FWT Haines, 3. Xtreme Verbier)
  • 2016 | 4. FWT Fieberbrunn (6 Wochen nach Bruch des Schienbeinkopfes)
  • 2015 | 3. FWT Fieberbrunn (5 Wochen nach Knöchelbruch)
  • 2014 | Vizeweltmeisterin (1. FWT Snowbird, 3. FWT Fieberbrunn, 3. FWT Chamonix)
  • 2013 | Gewinnerin Freeride World Qualifier Tour / Region: Europe; 2. Xtreme Verbier; 4. FWT Chamonix
  • 2012 | 2. FWT Röldal
  • 2010 | 3. FWT Fieberbrunn; 4. FWT Chamonix

TERMINE FWT 2018.
  • 20. – 27. Januar 2018: FWT Hakuba Japan
  • 03. – 09. Febraur 2018: FWT Kicking Horse Golden BC
  • 01. – 07. März 2018: FWT Vallnord-Arcalìs Andorra
  • 09. – 15. März 2018: FWT Fieberbrunn Austria
  • 31. März – 08. April 2018: Xtreme Verbier Switzerland

WOMEN’S PROGRESSION DAYS.
  • 12. – 15. April 2018, Lech am Arlberg



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