Bergstolz Issue No. 96

„Im Winter fahre ich gerne Ski, am liebsten ber- gab. Aber das bedeutet auch oft: hochlaufen. Besonders genieße ich die Momente oben am Gipfel mit meinen Freunden, während wir darauf warten, dass die Hänge auffirnen. Durch meine Outdoor-Aktivitäten tanke ich frische Luft und gewinne an Weitblick dazu.” BEN REUTER, SCHNEEFORSCHER UND BERGFÜHRER MIT DEM FREERIDER PRO 34+ 33 KLEINWALSERTAL Bergstolz Ski & Bike Magazin • 02 | 2021 Aber dafür hatte sich unser Guide Gunter was sehr Schönes ausgedacht: Über ein paar schöne Hänge aufs Grünhorn. Die Aussicht auf ein paar unverspurte Hänge, einen Local Guide und die ausufernde Mail und WhatsApp Kommunikation ließ unsere Gruppengröße dann doch noch in Corona bedenkliche Größe wachsen. Aber nachdem wir eh den ganzen Tag draußen sein würden und schnell ein paar Regeln festlegten – jeder trinkt nur aus seinem eigenen Bier bzw. Flachmann, Abklatschen nur mit Handschuhen und keine Knutscherei am Gipfel – setzte sich der der Tross – natürlich erst nachdem noch ein paar Bier, zwei Laib Brot, diverse Würschtl, Käse und Speck in die Lawinenrucksäcke verschwanden – in Bewegung. Gunter gab Geschwindigkeit und Route vor: „Wir müssen erst mal 400 Höhenmeter durch denWald, bis wir das Hochplateau erreicht haben.“ Vom steilen Spitzkehren-Wahnsinn hatte er da noch nix erzählt. Was Knobi, der einzige Telemarker in der Gruppe und dummerweise auch der Einzige, der in dieser Saison noch kein einziges Mal die Gleithölzer unter die Füße geschnallt hatte, zunehmend mit lautem Fluchen goutierte. Diese verstummten jedoch schlagartig, als sich der Wald lichtete und unsere Blicke auf die völlig unverspurten Hänge blickten. Fuck!Was geht denn hier ab. 1000 Möglichkeiten. Tiefer Powder und keine Spuren!! Außer uns waren nur zwei weitere Gruppen unterwegs. Eine Zweiergruppe und weit vor uns noch mal drei Tourengeher. Für die Spitzingsee geschädigte Abordnung aus Oberbayern ein in diesemWinter noch nicht da gewesener Anblick: unberührte und (fast) menschenleere Natur! Ob es daran lag, dass wir unter der Woche unterwegs waren oder dass die Parkplätze offiziell gesperrt sind, war uns ehrlich gesagt ziemlich egal, als wir das erste Mal die Felle von den Ski zogen. Nach kurzem Rundumblick mit den dazugehörenden Infos von Gunter „da kannst Dich 30 Meter vom Ifen abseilen – a Wahnsinn“ oder „Siehst da drüber die Rinne am Karlstor – zwischen Großem und Kleinen Widderstein – auch super“ und „da hinter den Berg liegt gleich Warth am Arlberg“ ging es auf die erste Abfahrt. Schnee im Gesicht, Sonne am Himmel, da kann einem schon mal ein Jauchzer auskommen. Da die Lawinensituation entspannt war , keine Schutzzone die wir achten mußten im Hang lag, Guide Gunter nur den Treffpunkt zum Wiederauffellen vorgegeben hatte, konnte jeder in der Gruppe seine Line frei wählen. Und unverspurtes Gelände war ja auch mehr als genug da! Unser zweiter Anstieg über etwa 150 Höhenmeter erschloss uns eine schöne Cruising Abfahrt zu einer Alpe, an der wir es uns in der Sonne zur Mittagsjause gemütlich machten. Leider war die Terrasse und etwaige Sonnenbankerl völlig von Schnee begraben, aber auch ein umgedrehter Ski kann gemütlich sein, wenn Getränke, Brotzeit und Begleitung passen. Die Allgäuer Fraktion beschrieb noch weiter Touren – mit oder ohne Lift, mit oder ohne Über-nachtung, was natürlich sofort zu „Nach-Corona-Plänen“ führte. »

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