Bergstolz Issue No. 95
39 K O S O V O Serben, Albaner, Montenegriner und Nordmazedonier versuchen sich auf zwei Latten. Eine Insel des Glücks auf den Betonruinen Ex Jugoslawiens. Wenn die Magie des Sharr Gebirges in dicken Flocken vom Himmel rieselt Slivovitz für alle und schon waren wir zusammen mit Fis in der Schlange eines der beiden Sessellifte. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist gut. Für drei Euro pro Fahrt bekommt man rund fünfzehn Minuten Anstehzeit und dreißig Minuten Liftfahrt – das Tagesticket für 18 Euro kann man quasi rein zeitlich betrachtet gar nicht reinfahren. Der Schnee an unserem ersten Tag, naja, zumindest hat es eine gute Base. Nach jeder Runde gab’s einen Slivo. Ski-Slivo-Balance nennen sie es hier. Das ging so lange gut bis wir aus Versehen drei Slivorunden an- einanderreihten. Wir bleiben hocken, bei Dane. Das Bier kam non- verbal, nicht jeder hier spricht Englisch. Vier gestreckte Finger in Richtung Bar reichen zur Glückseligkeit. Unser Zimmer von gestern müssen wir heute schon wieder räumen. Im Zentrum Brezovicas steht ein alles überragender Betonklotz – das baufällige Hotel Molinka. Hier checken wir ein, die Fassade kann ja täuschen. 13 Euro pro Nacht inklusiv Frühstück. Die Fassade täuschte nicht! Hier regiert der Mief des Sozialismus vergangener Tage mit kar- ger, schimmeliger Hand. Am nächsten Tag zogen wir wieder um. Das lag aber auch an Draginja und Igor von der Pizzeria Tina. Hier verhocken wir nämlich bei einer erstklassigen Lasagne am nächsten Abend. Fünf bis sieben Euro muss man für ein Abendessen samt Hopfenkaltgetränk rechnen. Igor quar- tiert uns noch rasch bei einem Spezl ein, die Lichter gehen aus und die Magie des Sharr Gebirges beginnt in dicken Flocken vom Himmel zu rieseln. Wie immer ist es Hans, der sich als erstes aus dem Bett quält, seine bergbäuerlichen Knochen über die Blackroll wälzt und aus dem Fens- ter lugt. Bevor der Rest der Washed-Out-Gang anno dazumal über- haupt die Augen öffnet, packt Hans die Schaufel und gräbt einen Tunnel von unserer Haustür zu Omers Chez Fox, der einzigen Loca- tion, die schon Frühstück serviert. Es hatte geschneit, wie man es sonst eigentlich nur aus Japan kennt. Ein guter Meter mag es sein, wahr- scheinlich sogar mehr. Natürlich öffnen an diesem Tag keine Skilifte, natürlich kommt an diesem Tag keiner über die steile Passstraße nach Brezovica. Noch
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