Bergstolz Issue No. 95
ALETSCH ARENA 19 Bergstolz Ski & Bike Magazin • 12 | 2020 Der Große Aletschgletscher – mit 23 Kilometern Länge und fast 80 km² Fläche ist er der flächenmäßig größte Gletscher der Alpen. Im Schweizer Oberwallis liegt er inmitten eines beeindruckenden Berg- panoramas, flankiert von über 40 Viertausendern - darunter das Matterhorn, Eiger, Mönch und Jungfrau sowie die verschneiten Wipfel eines 1.000 Jahre alten Arvenwalds. Wenig verwunderlich, dass der Aletschgletscher und der Aletschwald seit 2001 Teil des UNESCO-Weltnaturerbes Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch sind. Und noch weniger verwunderlich, dass ausgerechnet die Aletsch- region J.R.R. Tolkien zu den mystischen Landschaften des Hobbits und des Herrn der Ringe inspirierte. Der Große Aletschgletscher hat die Landschaft über Jahrtausende geformt. Während der letzten Eiszeit vor etwa 18.000 Jahren bedeckte das Eis noch die Bergrücken, nur die Spitzen von Bettmerhorn und Eggishorn waren eis- frei. Auch im Aletschwald lassen sich Wachstum und Rückgang des Großen Aletschgletschers an der Natur ablesen. Vor rund 11.000 Jahren lag die Zunge des Eisriesen im Rhonetal, sein Rand reichte nahezu bis auf die Rie- derfurka. Seinen letzten Hochstand hatte der Große Aletschgletscher um 1860: Er war rund drei Kilometer länger als heute, der Gletscherrand lag im Bereich des Aletschwaldes ungefähr 200 m höher. Dieses Gebiet zeichnet sich noch immer als helles Band mit recht junger Vegetation in der Land- schaft ab. Eingebettet zwischen Eggishorn, Bettmerhorn, Moosfluh und Hohfluh liegt auf einem Hochplateau auf 2.000 Metern die Aletsch Arena mit dem Skige- biet zum und am Gletscher. Der archaischen Schönheit des Aletschgletschers wird man sich am eindrücklichsten hoch oben auf den Gipfeln dieser Berge bewusst, sagt man hier. Die Ruhe ist tatsächlich unbeschreiblich: Die drei urigen Bergdörfer Riederalp, Bettmeralp und Fiescheralp sind vollkommen autofrei, hier sind Ski oder Snowboard das Fortbewegungsmittel der Wahl. Völlig zu Recht übrigens, denn Schnee gibt’s hier zuhauf – zusammen mit durchschnittlich 300 Sonnentagen im Jahr ergibt das eine famose Skiarena mit 104 Pistenkilometern. Und mittendrin: unzählige Möglichkeiten zum Freeriden mit traumhaften Powderlines. Ein Skitourengebiet der Extraklasse mit spektakulären Gipfelerlebnissen oder Touren auf dem Rücken des Glet- schers. Dazu ein Park mit feinen Sprüngen und ordentlichen Boxen. Ein na- hezu perfekter Hotspot für Wintersportler auf und jenseits der Pisten – und dennoch hierzulande nahezu unbekannt. Vielleicht, weil man nicht hinkommt? Nein, das ist es definitiv nicht: In der Schweiz hat die Eisenbahn Tradition und jedes noch so kleine Dorf ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. In Fiesch hält sogar der weltbe- rühmte Glacier Express, der von Zermatt über Andermatt und Chur nach St. Moritz fährt. Und der Zielbahnhof für die Aletsch Arena liegt direkt im Berg- bahn-Gebäude. Das kann es also nicht sein. Einer, der diesen riesigen Freeride-Spielplatz kennt wie seine Westentasche und der vielleicht eine Erklärung hat, warum die Aletsch Arena außerhalb der Schweiz nicht ähnliche Reaktionen wie die Erwähnung von Andermatt oder St. Moritz hervorruft, ist der Schweizer Fotograf und Filmemacher Sil- vano Zeiter. Er ist hier geboren und aufgewachsen – und passionierter Snow- boarder. Seit langer Zeit lebt und dokumentiert er den Zeitgeist des Snowboardens hier, was ihn zu dem Fotografen geformt hat, der er heute ist: Künstlerisch anspruchsvoll, und immer mit einer Prise Humor. Heute lebt Silvano in Zürich und arbeitet auf der ganzen Welt, bleibt aber doch stets leidenschaftlicher Botschafter seiner Heimat: Er fotografierte in Japan, Ka- nada, Skandinavien und den USA – „von New York bis zum hinterletzten Städtchen in Montana“.Was diese exotischen Orte und vielen Reisen jedoch immer besonders für ihn gemacht hat, sind die Menschen, die er treffen durfte und die zum Teil Freunde fürs Leben wurden. „Immer am schönsten ist es aber, in die Schweiz zurückzukommen, hier zu leben und zu arbeiten.“ Aber: „In Sachen Vermarktung haben die Menschen hier noch einiges zu lernen“, grinst er. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass die Menschen in der Aletschregion gelassen und bodenständig sind. Obwohl sie bei dieser alpinen Kulisse ohne rot zu werden ordentlich auf den Putz hauen könnten: Selbst Silvano, dessen gesamtes Leben von der Aletsch Arena geprägt wurde, der hier zuerst Ski- fahren und dann Snowboarden lernte, der seit seiner Teenager-Zeit alleWin-
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mzk0ODY=