Bergstolz Issue No. 89

KLEINWALSERTAL 43 tionalmannschaft hier für die Olympischen Spiel in Garmisch. Damals gab es noch keinen Lift, die Sportler mussten also zuerst aus eigener Kraft den Hang hinauf. Bis in die 1960er Jahre etablierte sich die Auenhütte dann als Unterkunft für gutbetuchte Skitourengeher – zahlreiche feuchtfröhliche Feste inklusive. Der stetig abnehmende Touristenstrom resultierte 1995 in der Schließung des Übernachtungsbetriebs. Einzig das Bergrestaurant wurde weitergeführt. Das Gebäude wurde nicht mehr saniert, es verfiel zusehends. Nur einer sah in der Auenhütte stets das Besondere: Der streitbare Tourismus-Pionier Frieder Bantel. Er und sein Sohn Christoph setzten in den vergangenen zehn Jahren alles daran, das traditionsreiche Haus neu zu beleben, die ersten Zimmer wurden re- noviert und konnten ab der Saison 2012/13 wieder vermietet werden. Christoph und seine Frau Tanja – beide gebürtige Kleinwalsertaler – steckten in den darauffolgenden Jahren ihr gesamtes Herzblut und ihre Energie in das Projekt Auenhütte. Mit Erfolg: Nach und nach wurden sämtliche Stockwerke sowie die Restaurant-Stuben saniert, und so bietet sich bei meiner spätnachmittäglichen Ankunft genau der Anblick, den ich mir erträumt habe. Im Dunkel strahlen die Fenster warmes Licht in die tief verschneite Landschaft. Das große Holzhaus versprüht alpenländischen Charme, ohne aber irgendwie kitschig zu sein. Man sieht dem Gebäude seine Verjüngungskur deutlich an, erkennt aber sofort auch die Tradition, die in dem – man muss es sagen – Hotel steckt. Ein Bild wie aus dem Tourismusprospekt oder einem alten Heimatfilm, fast zu schön, um wahr zu sein. Am Weg zur Rezeption entdecke ich aber noch was ganz anderes: Die Laubela. Der stylische Glas-Anbau könnte genauso gut in einer Après-Ski-Hochburg stehen. 2017 wurde die Bar eröffnet, die Einrichtung ist stylish-alpin gehalten, die Atmosphäre modern und cool. Mit halben Lösungen gibt sich Chef Christoph nicht zufrieden. Später am Abend wird er vom Highlight der Laubela erzählen: „Bei schönem Wetter sitzt man bei uns ‚oben ohne‘, wir können das Dach nämlich auffahren!“ Zuerst einmal bugsiere ich aber meine sieben Sachen ins Zimmer. Eigentlich könnte ich gleich hierbleiben, ich fühle mich von der ersten Sekunde an sauwohl: Das ganze Haus ist mit viel Holz und noch mehr Liebe zum Detail renoviert worden, Gemütlichkeit wird hier großgeschrieben. 5*****-Luxus wird man nicht finden, dafür ein Hotel, in dem man sich zuhause fühlen kann. Und ein Haus, das eine beinahe perfekte Symbiose zwischen Tradition und Modernität schafft. „Auch wenn nicht alles handwerklich per- fekt ist bei uns, sind wir stolz darauf, so vieles selbst gemacht zu haben und uns selbst überall wiederfinden zu können“, erzählt Christoph Bantel später. Wir essen in der „Stuben“ zu Abend. Dass hier früher wilde Feste gestiegen sind, kann ich mir lebhaft vorstellen, auch unsere kleine Gruppe sitzt ziemlich gut am gro- ßen Tisch. Maria ist zwar hochschwanger, wollte sich die zwei Tage Skitouren und Freeriden im Kleinwalsertal jedoch auf keinen Fall entgehen lassen. Stefan schreibt gerade an einem Buch über Skidurchquerungen , Folkert fotografiert leidenschaftlich alles, was draußen passiert. Robert kommt ausWien und ist wohl der stärkste Skifahrer unter uns. Elmar, PR Manager des Kleinwalsertals, und seine (zu diesem Zeitpunkt noch zukünftige) Frau Lela komplettieren unsere Truppe. Er erzählt leidenschaftlich von seiner Heimat, von der Entwicklung des Skigebiets – aber vor allem von den Men- schen, die hier leben. So stößt etwas später dann auch Christoph zu uns, der uns die Historie der Auenhütte in bunten Bildern schildert. Allzu spät lassen wir den Abend dann aber doch nicht ausklingen, schließlich wollen wir die kommenden zwei Tage noch mehr als nur die Stuben in der Auenhütte auskundschaften. Nächster Morgen: Nebel. Null Sicht. Kein Kontrast. Grau in Grau. Nach dem Frühstück Bergstolz Ski & Bike Magazin • 01 | 2020

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