Bergstolz Issue No. 73
Seite 58 | BERGSTOLZ Ski Magazin JANUAR 2018 LORRAINE HUBER Freeride World Tour 2018 Ruminationen von Lorraine Huber Ganz ehrlich: meine Vorbereitungen für die FWT 2018 diesen Dezember und Januar sind nicht nach Plan gelaufen. Die Schnee- bedingungen waren im Vergleich zu den vergangenen Jahren nicht das Problem: tiefe Temperaturen und immer wiederkehrende Schnee- fälle sorgten für die besten Tiefschneebedingungen, die wir seit langer Zeit in der Vorsaison am Arlberg hatten. Eine wunderbare, stabile Schneedecke und keine Menschen im Skigebiet. Nein, es war die eigene Gesundheit, die nicht mehr mitspielen wollte mit meinem dich- ten Zeitplan an Events, Filmpromotionen, Fortbildungen, Trainings, Medientermine, Universitätsverpflichtungen, und zuletzt noch einen Umzug in einer neuen Wohnung. Gleich zwei Mal im Dezember bekam ich eine schwächende Grippe die mich flach gelegt hat. Bei der ersten Grippe war ich noch guten Mutes, letztendlich war ich schon seit 1,5 Jahren nicht mehr krank – für mich eine Sensation. Bei der zweiten Grippe ging es mir psychisch immer schlechter. Ich wusste genau wie gut die Schneebedingungen waren und was ich da versäumte, und dann kam noch etwas anderes dazu: Stress. Ich war gestresst, weil die Tage bis zu dem ersten FWT-Stopp in Japan scheinbar immer schneller verstrichen, und ich lag noch auf der Couch. Bei mir kreisten sich die Ge- danken und Sorge breitete sich aus.Würde ich konditionell fit genug sein für die Wettkämpfe und auch die richtige Portion Selbstvertrauen beim Skifahren mitbringen? Wie soll ich denn jetzt meine Leistung wie im ver- gangenen Jahr wieder abrufen können? Die Gedanken kreisten und kreisten sich und ich begann sie dann auch Glaube zu schenken, wo- durch sie immer mächtiger wurden. Was macht man in solch einer Situation? Eine Methode aus dem Mentaltraining ist, sich erstens durch Selbstbeobachtung diese nicht- förderlichen Gedanken bewusst zu machen. Unsere inneren Gedanken lau- fen oft unbewusst ab, unser Gehirn schnattert ständig etwas dahin. Selbst- beobachtung ist der Schlüssel um etwas verändern zu können. Zweitens versuche ich diese Gedanken zu entmachten, in dem ich mich von ihnen distanziere: ich beobachte sie, als ob sie jemanden anderen gehören würde, ohne sie Wichtigkeit beizumessen. Letztendlich entscheide ich, ob ich einen Gedanken Wichtigkeit beimessen möchte oder nicht. Ich bin Freeride-Weltmeisterin und, wie ihr seht, habe ich manchmal immer noch Probleme, meinem Körper und meinen Fähigkeiten voll und ganz zu vertrauen. Vielleicht konfrontiert uns das Leben immer wieder mit gewissen Situationen, bis wir etwas lernen und verinnerlichen konn- ten. Der Mangel an Vertrauen in meinen Fähigkeiten ist meiner Meinung nach auch in einer Wettkampfsituation zu beobachten: mein Skifahren ist fast immer äußerst kontrolliert. Ich habe Schwierigkeiten, los zu las- sen. Wie mein guter Skifreund Björn Heregger mir schon lange sagt: „Da geht noch einiges!“ Das ist mein Ziel diesen Winter auf der FWT: volles Vertrauen, los lassen, lernen und Spaß haben! www.lorrainehuber.com | insta@lorrainehuber Foto: Sepp Mallaun Foto: Sepp Mallaun
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