Bergstolz Issue No. 73
SHREDDING BERGSTOLZ Ski Magazin JANUAR 2018 | Seite 39 GRICHENLAND MAL ANDERS Mit Andi Valentin, Flo Zebisch, Tine Listl und Fotograf Klaus Listl „Ach schön, ihr fahrt nach Griechenland. Ist das da jetzt schon schön warm?“ „Was, zum Skifahren! Haben die überhaupt Berge?“ Ja, haben die und zwar richtig viele. Wir hatten uns spontan in den Kopf gesetzt, mal wieder ein untypisches Land zum Skifahren aus zu checken. Daher waren wir die verwunderten Fragen und Gesichter schon gewohnt, nach Rumänien und Georgien in den vergangenen Jahren. HOFFNUNG – ZWEIFEL – SCHNEE Am Flughafen in Athen mit 18° C überkamen uns dann aber doch ein paar Zweifel: „Ist es doch schon zu warm? Haben wir notfalls Badesachen dabei?“ Mit dem Mietauto fuhren wir bei leichtem Regen in die Richtung, in der uns das Internet Berge, Schnee und Skigebiete versprochen hatte. Es wurde nicht kälter und Berge sahen wir lange auch nicht. Doch plötzlich schälte sich das Par- nassos Gebirge aus denWolken – schneebedeckt – und das Ther- mometer sank, je weiter wir uns die Passstraße nach oben schraubten. Also Badesachen wieder weggepackt und rein in die Skiklamotten. Bissl a Glück gehört a dazu. GASTFREUNDSCHAFT UND GEMÜTLICHKEIT Yannis, unser Ansprechpartner von der Tourist Agency OnParnas- sos.gr, wartete im kleinen Dorf Agoriani (Eptalofos) auf uns. Er hatte uns Zimmer in Asiminas Hotel organisiert, einem schönen Familienbetrieb mit sehr feinen Zimmern und leckerem und mehr als ausreichendem Frühstücksbuffet. Zum Abendessen trafen wir uns dann in lockerer, gemütlicher Atmosphäre in der Taverne „Zum grauen Bären“ mit Yannis und Kostis, einem lokalen Guide. Wie ausgehungerteWölfe machten wir uns über Lammkoteletts,Wild- schweinbraten, griechischen Salat und Tsatsiki her. Die griechische Küche der Bergregionen unterscheidet sich stark von dem was man bei uns zuhause beim Griechen bekommt. Der Geschmack ist durch die regionalen Produkte und vor allem die Bergkräuter unbeschreiblich gut. Schon bald waren wir in intensive Gespräche vertieft und bemerkten nicht den Regen, der an die Scheiben trom- melte. Ein Stoßgebet zu Zeus vor dem Schlafen: „Bitte lass das alles Schnee werden!“ VON BEAMTEN & ZUSCHAUERN Nachdem der Schnee und das Eis von den Liften gekratzt waren, was in staatlichen Betrieben schon mal länger dauern kann, brachte uns der neue Lift mit Verspätung endlich in die weiße Pracht.Wie mit Puderzucker bestäubt lag das weitläufige Freeride Gebiet in strahlendem Sonnenschein vor uns und wir kletterten gleichmal die erste Flanke direkt neben dem Lift rauf. Die ersten Griechen entdeckten uns und beobachteten die Kletterei und die Lines, die wir ins ausgesetzte Gelände setzten. Sie löcherten un- seren Fotografen mit Fragen in passablem Englisch und so machte die Kunde von den verrückten Germanikos schnell die Runde. An- scheinend wurde dieses hochalpine Gelände nur selten ordentlich von Freeridern bearbeitet – Challenge accepted! Bluebird und Meerblick Die nächsten Tage verbrachten wir mit Touren auf die ausgesetzten Gipfel rund um das Parnassos Skigebiet und hatten alle Lines für uns. Für jeden Geschmack ist da etwas dabei, Spines, steep Runs oder eher die Soul Variante, wir tobten uns richtig aus. Die einzigen Einheimischen, die hier freeriden sind die Skilehrer, aber die waren zum Glück damit beschäftigt, den Athenern das Skifahren bei zu bringen. So konnten wie uns in Ruhe die besten Kirschen heraus- picken. Die Einzige, die gegen uns arbeitete, war die Sonne. Die ist in diesen Breitengraden (auf der Höhe von Mallorca) auch im Februar schon sehr intensiv und so konzentrierten wir uns vorwie- gend auf die Nordhänge. Beim Aufstieg auf der Südseite wurden wir dafür mit Meerblick auf den Golf von Korinth belohnt. Ein Gip- felkreuz aus Skistecken, das wir gemeinsam aufstellten, machte das Gipfelerlebnis komplett. Entspannung muss sein „Boa, des stinkt!“ Als wir nach einem erfolgreichen Skitag nörd- lich des Gebirges bei Lamia aus dem Bus stiegen, haute es uns fast rückwärts um. Yannis hatte uns hierher geschickt, um uns zu entspannen. Hinter einer teilweise fehlenden Absperrung entdeck- ten wir im wahrsten Sinne die Quelle des Übels. Die Thermophiles sind Schwefelquellen, die mit natürlichen Steinbecken und einem kleinen Wasserfall bei 45° C Wassertemperatur zum plantschen einladen. An den Gestank gewöhnt man sich schnell und der nette Grieche mit seinem Honigstandl sorgte sich auch um uns. „Only 20 Minutes!“, da die Dämpfe und das warme Wasser schnell be- nommen machen. Neue griechische Freunde und eine einsame Hütte Die Tage in Parnassos neigten sich dem Ende zu. Yannis brachte seine Familie und Freunde zum Essen mit und wir feierten typisch griechisch mit großer Schlachtplatte, verschiedenen Käsespezialitä- ten und natürlich Grassi (Hauswein) und Tsipouro. Da beides aus der gleichen Traube hergestellt wird, heben sie sich quasi gegensei- tig auf. Die Stimmung stieg, die Gespräche wurden tiefer, der Wein floss. So lässts sich’s leben. Und so entstanden hier die ersten Freundschaftsbande, die wir zum Ende der Reise noch vertieften.
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