Bergstolz Issue No. 128

also nicht zu heiß ist, der entdeckt sicher einige spannende Strecken für einen abwechslungsreichen Bike Tag. Mir war es zu heiß. Ich machte mich auf den Weg nach Stavros, wo ich mich als klassischer Tourist zu erkennen gab und zwei Tage am Strand verbrachte mit Buch, Kopfhörer und Cocktails. TÜRKEI Nach zwei Tagen Faulenzen am Strand hatte ich eine zehnstündige Fahrt nach Ankara vor mir, wo ich meine gute Freundin Alex abholte. Alex, die in München zuhause ist, teilt meine Leidenschaft für die Berge, ist begeisterte Snowboarderin und auch gerne auf dem Bike unterwegs, auf einem Surfbrett macht sie ebenfalls eine gute Figur. Alex begleitete mich für den Rest meiner Reise. Doch bevor ich Alex am Flughafen abholen konnte, musste ich es zuerst schaffen in die Türkei einzureisen. Die Grenzkontrolle gestaltete sich komplizierter als gedacht. Zuerst hieß es, mein Wohnmobil sei nicht ausreichend versichert und ich müsse in einem Nebengebäude eine “Green Card” kaufen. Bei dem Schalter für die Green Card hieß es “cash only”. Der Bankomat war natürlich ganz woanders. Nachdem das erledigt war, wollte man mich nicht einreisen lassen, weil ein Polizeibeamter nicht genug war, um den Wohnbereich des Campers zu durchsuchen. Ich musste noch zum “Scannen”. Dazu musste ich den Camper in ein anderes Gebäude fahren, in welchem ich das Fahrzeug verlassen musste. Danach wurde tatsächlich das ganze Fahrzeug geröntgt. Nach zwei Stunden hatte ich es geschafft und war wieder auf dem Weg nach Ankara. Mit Alex im Gepäck ging es weiter Richtung Göreme mit einem letzten Zwischenstopp am Tuz Gölü. Tuz Gölü ist türkisch und bedeutet "Salzsee". Angefühlt hat es sich eher wie eine Salzwüste. Um mehr von dieser Wüste aus Salz erkunden zu können, beschlossen wir, unsere Scor Bikes aus dem Wohnmobil zu holen und den Tuz Gölü auf den Bikes zu erforschen. Die Landschaft, die sich uns bot, erinnerte an einen anderen Planeten, weit und breit nur Salz. Nach ca. 30 Minuten radeln wurden wir extrem durstig und bemerkten, dass unsere Beine und Räder von einer Salzschicht überzogen waren. Wir radeln also zurück zum Camper, wo wir unseren Durst stillten und die Bikes erstmal gründlich putzen mussten, bevor wir weiter ziehen konnten. Bis kurz vor unserem Ziel Göreme könnte man glauben, auf dem falschen Weg zu sein, weil weit und breit nichts von den Felsformationen und Höhlen zu sehen war, die so typisch für Kappadokien sind. Nur wenige Minuten vor unserer Ankunft änderte sich die Umgebung dann schlagartig. Wir kamen aus dem Staunen kaum heraus, weil die Felsformationen immer nur noch beeindruckender wurden. Auf dem ersten Blick glaubten wir in einem abgelegenen, ruhigen Ort angekommen zu sein. Als wir uns an unserem ersten Abend von unserem Camping Spot mit unseren Scor Bikes auf den Weg nach Göreme machten, merkten wir aber schnell, dass wir eher am türkischen Ballermann angekommen waren: Am Rand des Ortes war eine riesige Bühne aufgebaut, wo jeden Tag mit Lichtershow und Party-Musik gefeiert wurde und auch im Ort reihen sich Restaurants, Souveniershops, Balloon Unternehmen und Hotels aneinander. Obwohl alles in Göreme auf Tourismus ausgerichtet ist, hat der Ort Charme und Tradition. Der Muezzin singt fünf mal am Tag von der Moschee und die in die Felsen gemeißelten Wohnungen und Hotels geben Göreme einen ganz besonderen Flair. Wir genossen unser Abendessen in einem der Restaurants, wo NSync aus dem Radio tönte, während der Muezzin zum Beten aufrief - ein ganz besonderer Remix. Fünf mal täglich singt der Muezzin. Geweckt wurden wir am nächsten Morgen in unserem Carado T448 aber nicht vom Muezzin, sondern von den hunderten Ballonen, die um 5:30 Uhr über unser Wohnmobil schwebten. Es bot sich in unglaubliches Spektakel: Sonnenaufgang über den imposanten Bergen und Felsformationen und dazu die hunderten Ballone, die uns wieder glauben ließen, auf einem anderen Planeten zu sein. Auch kaum glauben konnten wir, dass wir auf diesem Platz, mit dieser unglaublichen Aussicht einfach so wild parken und campen konnten. Wir lernten aber schnell: beim Campen in Kappadokien herrscht Narrenfreiheit. Wir hatten das Gefühl, dass solange man nicht mitten auf der Straße parkte, alles erlaubt ist. Wir haben auf Plätzen geparkt, die einfach atemberaubend waren. Dank unserem Carado T448 waren wir komplett autark und konnten unsere Wild-Campingspots voll und ganz genießen, zumindest so lange, bis uns jeden Tag um fünf in der Früh der Lärm der Ballone, jedes Mal wenn sie mit Feuer beheizt wurden, weckte. Wenn man an einer Ballonfahrt teilnehmen will, lohnt es sich, sich zu erkundigen und ein wenig herum zu fragen. Jeder im Ort kennt jemanden, der Fahrten anbietet und behauptet den besten Preis machen zu können. 80 Euro war dann das beste Angebot, das wir bekommen haben. Die Ballonfahrt war ihr Geld auf jeden Fall wert, vorausgesetzt es stört nicht, dass man dazu im Urlaub um 4:30 Uhr aufbrechen muss. Die Ballone können nämlich nur früh am Morgen fahren, solange Temperatur und Wind passen. Was das Bike Equipment betrifft, haben wir in Kappadokien unfreiwillig eine Case Study durchgeführt und herausgefunden, dass Tubeless definitiv die bessere Option ist als mit Schläuchen in den Reifen zu fahren. Die Dornen der Pflanzen und Büsche haben nicht nur unsere Socken und Haut höchst aggressiv attackiert, sondern auch jeden Tag mindestens einen Mantel und Schlauch durchstochen. Mit genug Milch im Reifen kein Problem, mit Loch im Schlauch eine mühsame Reparaturarbeit bei bis zu 35 Grad. Auch alle Apps, die wir zum Navigieren verwendeten, ließen uns komplett im Stich. Aufgrund des Dornen Desasters und des Navi Fails wurden unsere Biketouren immer um einiges abenteuerlicher als erhofft. Trotzdem konnten wir die Täler und Trails um Göreme erkunden, es dauerte nur um einiges länger als geplant, was aber die Schönheit der Felsformationen in den Tälern und die Aussicht von den Felsplateaus nicht schmälerte. Zu unseren Favoriten zählten der Love Valley, Red Valley und Zumi Valley. Da die Trails weder mit den Apps zu finden noch ausgeschildert sind, lernten wir aus unserem Trip, dass es in Kappadokien auf jeden Fall Sinn macht, einen Guide zu buchen. Ebenfalls sinnvoll ist es, genug Reservematerial für die Bikes mitzubringen. Als uns die Schläuche ausgingen, versuchten wir in Bergstolz Ski & Bike Magazin • 02/2025 17 BALKAN / TÜRKEI

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