Bergstolz Issue No. 110

22 ICELAND Bergstolz Ski & Bike Magazin • 08 | 2022 während der von einer langen Skitour geschaffte Körper auf der Latexmatratze ruht und durch das verglaste Dach die Polarlichter bestaunt. Dieser Idealvorstellung kommen wir, soviel sei verraten, nicht einmal nahe. Der beständig fallende Schnee ist das eine, viel unangenehmer ist jedoch der damit einhergehende Sturm. Ein Öffnen der Türen ist nur sehr vorsichtig möglich und bringt immer eine Portion Schnee direkt ins Bett mit sich. So rücken wir schon an Tag zwei von unserem Plan ab und mieten uns ein Blockhaus in Olafsfjördur. Der Mink übernimmt fortan einfach den Materialtransport unserer üppig bemessenen Skiausrüstung. Der kleine Ort liegt direkt am Meer auf der sogenannten Trollhalbinsel zwischen Akureyri und Varmahlid und ist umgeben von den besten Skitourenbergen Islands.Wohin das Auge blickt: Aufstiege und Abfahrten in allen Expositionen, von 1500 Metern bis direkt runter ans Meer. Schon fünf Minuten auf Google Earth offenbaren das enorme Potential der Region und schnell hat man die erste Tourenwunschliste voll.Wer wollte, könnte sogar ein Surfbrett mitbringen, denn der Fjord ist der beste Wellenspot Islands und hat durch den ChrisBurkhard-Film »Under the arctic sky« weltweite Berühmtheit erlang. Tag 3 empfängt uns, logisch, mit einem veritablen Schneesturm und minimaler Sicht. Also rein ins Auto, vielleicht ist es ja im Landesinneren besser.Wir wollen der vom aktiven Vulkanismus geprägte Myvatn-Region einen Besuch abstatten. Nach einem Zwischenstopp am Godafoss, dem meistfotografiertenWasserfall Nord-Islands, starten wir in der Nähe der Grjótagjá-Höhle zu einer kleinen Skitour. Diese Höhle beherbergt eine heiße Quelle und ist Fans der TV-Serie »Game of Thrones« wohlbekannt. In Staffel 3 plantscht Serienheld Jon Snow darin mit derWildlingsfrau Ygritte und verliert dabei seine Unschuld. Unser Ziel ist der Tuffring des Hverfjall, welcher zumVulkansystem des nahen Krafla gehört. Bei eisigen Temperaturen marschieren wir quer durch die Pampa und genießen die Bewegung. Der Gipfel liegt zwar nur 160 Meter über dem Umland und ist beinahe vom Wind blank geweht doch so ein Spaziergang auf Skiern durch eine Mondlandschaft hat seinen Reiz. Aufpassen müssen wir nur vor den Fumarolen, deren heiße Gase die Schneedecke stellenweise aufgeweicht haben und uns immer wieder unvermittelt einbrechen lassen. Mal zehn Zentimeter, mal einen halben Meter. Wir nehmen es mit Humor und hoffen, dass die nächste Spalte nicht tiefer ist. Going bananas! Zurück in Olafsfjördur geht das Schneemalheur weiter. Eineinhalb Tage sind wir sogar eingeschneit. Dennoch gehen wir zwischendrin auf Skitour – und zwar zum Supermarkt. Die Bananen sind aus. Eingepackt wie die Polarforscher, stapfen wir durch den Schneesturm. Der Wind weht in Orkanstärke und hat Auto und Hänger neben der Hütte bereits in eine Schneewehe verwandelt. Erst am fünften Tag lässt der Sturm schließlich nach und die Berge rund um Olafsfjördur schälen sich aus der Wolkenwatte. Showtime! Schnell sind wir in den Skischuhen und aus der Hütte. Zum Start der Skitour direkt am Ortsausgang sind es keine zehn Minuten auf Ski. Da die Lawinengefahr nach all dem Schnee undWind schwer zu beurteilen ist, wählen wir eine sehr konservative Route für denAufstieg. Dabei entfaltet jeder Höhenmeter einmal mehr die besondere Magie des Skitourengehens. Anfangs schnauft man noch still vor sich hin und versucht seinen Rhythmus zu finden, doch irgendwann überlagert die Aussicht die Anstrengung und zieht einen immer weiter in die Höhe. Das bunte Olafsfjördur schrumpft zusammen wie Legoland, während sich der ausgesetzte Gipfelgrat mit jedem Schritt, den

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