Bergstolz Issue No. 109

46 R I DERPROFI LE Bergstolz Ski & Bike Magazin • 07 | 2022 Alter: 39 Homespot: Jackson, Wyoming Sponsoren: Fischer, Skydio, GoPro Highlight: erste Frau amCover des Freeskier Magazine (mit einem 65-Fuß-Cliff) Extreme Skiing Tour Champion X-Games Real Snow Goldmedaille Produzentin von „Pretty Faces“, erster All-Female Actionsports Film Co-Founder vonSheJumps.org&Förderer vonFrauen imOutdoor Sport Mutter zu sein Ziele: Die Arbeit mit E-Foil-Surfen an einem 2. sportlichen Standbein Media: www.lynseydyer.com unicornpicnic.com @lynseydyer LYNSEY DYER „Ich suche immer den Zustand des Flows“ Foto: Privat Foto: Patrick Bätz Foto: Andreas Vigl „Skifahren muss Spaß machen!“ sagt Lynsey Dyer. Und: „Alles ist möglich, es gibt immer einen Weg.“ Weltweite Bekanntheit erlangte sie spätestens mit ihrem „Sh*t skier girls say“-Edit – knapp 800.000 Mal wurde der Zweiminüter auf YouTube mittlerweile aufgerufen. Produziert hat sie ihn damals selbst. „Ursprünglich hatte ich Unicorn Picnic als Produktionsfirma für ‚Pretty Faces‘ gegründet, damit ich auf Kickstarter das Crowdfunding für die Finanzierung des Films laufen lassen konnte“, erzählt Lynsey im Gespräch. Der Film war übrigens der erste Skifilm überhaupt, der ausschließlich Frauen featurete und auf die große Leinwand brachte - und ein durchschlagender Erfolg. Heute vertreibt sie über „UP“ ihre Kunst – „Momentan arbeite ich leidenschaftlich gerne daran, tragbare Kunst zu schaffen“ - und hat mit ihrem „ShowingUP“ Podcast seit Dezember 2017 ein weiteres Pferd – sorry, Einhorn – im Stall. Sie setzt sich mit SheJumps.org dafür ein, mehr Frauen und Mädchen die Teilhabe an Outdoorsport zu ermöglichen, spricht auf TedTalks und organisiert Freeride-Camps für Frauen. Ihre Fotos werden im National Geographic Magazine abgedruckt. In diesem Sommer ist sie zudemMutter einer Tochter geworden. Woher nimmt diese Frau nur ihre Energie? „Ehrlich gesagt habe ich immer das Gefühl, ich tue nicht genug“, lacht Lynsey. „Wenn ich eine Idee habe, dann verfolgt sie mich so lange, bis ich sie umgesetzt habe. Ich muss das dann einfach tun.“ So entstand auch SheJumps.org, eine Non-Profit-Organisation, die Lynsey mitgegründet hat. „Skifahren ist ein Einzelsport, es ist schwierig, dort Kameradschaft zu finden. Wir haben alle irgendwie unsere Teams aus College-Zeiten vermisst. Also haben wir uns etwas überlegt, um Frauen Bergfreundschaften erleben, Skifahren inklusiver werden zu lassen“, erinnert sie sich. Begonnen hat ihre Liebe zum Skifahren mit zwei Jahren, als ihre Eltern sie erstmals auf die Bretter stellten. „Ich startete mit Racing, mein Dad war mein Coach und selbst früher Rennfahrer, sogar im US Ski Team“, sinniert sie. Die schnellen Gene hat er offensichtlich weitergegeben, denn Lynsey erhält ein College Stipendium für Grafikdesign durchs Skifahren und gewinnt mit 16 Jahren die Abfahrt der Junior Olympics. „Meine Coaches erwarteten, dass ich mich für die Olympischen Spiele qualifiziere. Unter dem Druck brach meine Leistung ein“, erzählt sie weiter. „Ich war ausgebrannt, habe meine Koffer gepackt und bin für ein Jahr nach Italien, um zu studieren. Dort habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass es mehr im Leben gibt als Skifahren.“ Schon als Jugendliche fährt sie ab und zu Powder: „Das war das allererste Flow-Erlebnis meines Lebens. Und nach meiner Zeit in Italien wusste ich, dass ich davon mehr wollte.“ Sie startet in Freeride Contests – und gewinnt jeden einzelnen, an dem sie teilnimmt. „Diese Zeit in meinem Leben würde ich als Wendepunkt bezeichnen. Ich hab mich immer brav an die Regeln gehalten: Du lernst brav, dann geben Dir die Lehrer gute Noten. Du studierst fleißig, dann bekommst Du einen guten Job. Und so weiter. Mir wurde schlecht bei der Vorstellung, dass ich so weiter mein Leben verbringen sollte“, schildert sie ihren Entscheidungsweg, Freeride-Profi zu werden. „Freeriden brachte mir Freude, und das wollte ich nie mehr aufgeben. Also hab ich mich zu 100% reingehängt und entschieden, dass dieser vorgezeichnete Weg nicht der meine ist.“ Der Rest ist eine Erfolgsgeschichte: Unzählige Filmsegmente von Teton Gravity Research über Matchstick Productions bis zu Warren Miller, 2008 als erste Frau auf dem Cover des Freeskier Magazine, 2011 „Skier of the Year“ bei den Powder Awards, um nur ein wenig aufzuzählen. Lynsey Dyer zählt zu den einflussreichsten Freeriderinnen aller Zeiten. Sie ist eine derjenigen, die den Weg für viele weitere Athletinnen geebnet haben. Auf diesen Lorbeeren könnte sie sich ausruhen, aber das entspricht ihr nicht: „Ich will den Spaß am Skifahren vermitteln“, sagt sie. „Ich lebe meinen Traum auf der Suche nach dem Flow. Und das möchte ich weitergeben.“ Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Mutter einer vier Monate alten Tochter auch dieser was mitgeben möchte: „Lainey hilft mir, mich auf die essenziellen Dinge zu fokussieren. Und ich will ihr die Gewissheit mitgeben, dass alles Gute immer in einem selbst liegt, nicht im Außen. Es geht nie um ein neues Auto, ein größeres Haus oder solche Dinge.“ Das Leben dreht sich um ganz was anderes: Den Flow eben.

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