Bergstolz Issue No. 108

Paukenschlag bei Patagonia // „Die Erde ist unsere einzige Anteilseignerin" Patagonia hat vor wenigenWochen verkündet, seine Eigentümerstruktur komplett umzustrukturieren: Mit sofortigerWirkung hat die Familie Chouinard alle Eigentumsrechte an den Patagonia Purpose Trust und das Holdfast Collective übergeben. Während der Trust den Zweck und dieWerte Patagonias im Unternehmen verankert, verwendet das Holdfast Collective jeden Dollar auf Umwelt- und Klimaschutzprojekte. Wir haben uns mit Michael Austermühle, Country Manager Deutschland & Österreich, über die Konsequenzen, die sich aus diesem Schritt ergeben, unterhalten. Was war derAuslöser, der Patagonia veranlasst hat, einen solchmassiven Schritt zu gehen? Yvon Chouinard und seine Familie haben klareWertvorstellungen, die sowohl privat als auch für das unternehmerische Handeln global gelten.Yvon sagte im Laufe der Entwicklung Patagonias immer wieder, dass es nie sein Ziel war, ein Geschäftsmann zu sein. Das mag grotesk klingen, entspricht aber seinem Charakter, denn für ihn stand der Umweltschutz seit Anbeginn an erster Stelle. Gleichzeitig lenkt die Familie Chouinard die Geschicke Patagonias mit Leidenschaft und viel Kreativität. Die Chouinards sind ja nicht grundsätzlich antikapitalistisch.Allerdings sehen sie dieAusprägungen des heute gelebten Kapitalismus als Gefahr für unseren Planeten und die Menschheit. Einige wenige legen riesige Summen zur Seite, die sie niemals nutzen werden. Dieses Geld sollte demWohl der Gesellschaft zugutekommen. Patagonias Gewinn ab sofort für den Klima- und Umweltschutz zur Verfügung zu stellen, zeigt einenWeg auf, dem hoffentlich weitere Unternehmen folgen werden. Und letztlich kann jede:r von uns die Gewinne, auch wenn noch so klein, an die Erde zurückgeben. Wie waren die ersten Reaktionen auf diese Ankündigung? Wir haben rund zwei Jahre daran gearbeitet, bis die Lösung im Detail feststand. Die ersten Reaktionen der Mitarbeiter:innen, die an der Lösung mitwirkten, waren extremmotivierend. Denn wir bei Patagonia sind eine große Gruppe von Outdoor-Enthusiast:innen, die die Werte der Marke teilen. Seit 1985 gibt Patagonia jedes Jahr 1 Prozent des Umsatzes für den Umweltschutz aus. Bis heute wurden etwa 150 Millionen US Dollar in Projekte für Klima- und Umweltschutz gespendet. Nun geht Yvon einen weiteren Schritt, mit viel größerer Tragweite. Ich denke, dass unser Teamweltweit stolz darauf ist, daran mitzuarbeiten. Die ersten Reaktionen außerhalb unseres Teams lassen vermuten, dass wir einen gutenWeg gehen. Ändert sich mit der neuen Eigentümerstruktur für den Kunden etwas? Nein, für unsere Kund:innen ändert sich nichts. Patagonia wird an den eigenenWerten und am selbst gewählten Zweck festhalten:“Wir sind imGeschäft, um unseren Heimatplaneten zu retten”.Wir werden weiter daran arbeiten, unsere Kollektionen so umweltschonend wie nur möglich zu fertigen und gleichzeitig Zeit und Geld dafür investieren,weitereMenschen für den Schutz unseres Planeten zu begeistern.Mit PatagoniaActionWorks unterstützen wir mehr als 1.000 NGOs auf der ganzenWelt. Jede:r kann mitwirken. Habe ich als Patagonia-Kunde die Möglichkeit mich zu informieren oder gar zu steuern, wohin mein Geld fließt? Das ist grundsätzlich ein schöner Gedanke; Jemand kauft eine Jacke und weiß, dass ein Teil des Geldes in ein definiertes Umweltprojekt zurückfließt. So weit gehen wir (vorerst) nicht. Kund:innen können aber sicher sein, dass wir alles, was nicht reinvestiert werden muss, um das Unternehmen gesund zu halten, in Klima- und Umweltschutzprojekte investieren.Wir gehen von etwa 100 Millionen US-Dollar jährlich aus. Wie entscheidet Patagonia, welche Projekte unterstützt werden? Wir fördern Umweltschutzgruppen, die sich für den Schutz von Lebensräumen auf dem Land und imWasser, für den Klimaschutz, für den Schutz von Gemeinschaften und/oder für die Biodiversität einsetzen. Es gibt Projekte, die seit Jahren existieren und langfristig von uns unterstützt werden.Andere hingegen werden kurzfristig dringlich. Das, was dieWelt aktuell beunruhigt, ist u.a. der Krieg in der Ukraine und die große Energiefrage. Was können wir zur Lösung beitragen?Aus unserer Sicht ist es immens wichtig, die erneuerbaren Energien auszubauen. Insbesondere die Energiewende aus Bürger:innenhand. Bürger:innenernergie – das ist eine Bewegung, die wir unterstützen. Wie sehen Patagonias nächste Schritte in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit aus? Kann man da schon was dazu sagen? Wir gehen unseren Weg konsequent weiter. Ich sage es in Yvons Worten: "Wir stellen den Kapitalismus auf den Kopf. Das derzeitige System basiert darauf, dass Investor:innen von den Rohstoffen der Natur profitieren. Wir machen es anders: Wir nutzen unsere Mittel, um die natürlichen Rohstoffe – die Quelle allen Reichtums – zu schützen.Wir machen die Erde zu unserer einzigen Anteilseignerin." www.patagonia.com NEWS 9

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