Bergstolz Issue No. 101
M O N T E N E G R O 29 selbst verlassen.Das bedeutete auch, dass wir unsere Scouting-Touren sehr defensiv angegangen sind.Wir haben Schneeprofile gegraben und uns sehr intensiv mit möglichen Lawinengefahren auseinandergesetzt. Tag 2, die Straße wieder gesperrt.Wir hatten am Vortag eine schöne Pil- lowzone gefunden, die sollte nach einem langen Hinweg auf Fellen unser Tagesziel werden.EineWoche ungefähr verbrachten wir so zwischen Son- nenschein und Schneesturm: Auffellen, Skitouren gehen, abfahren. Auch mal ins falsche Tal, wie das so passiert, wenn man sich nicht auskennt. In der Dunkelheit trampten wir zurück nach Zabljak, glücklicherweise hat uns ein Einheimischer mitgenommen. Für uns war klar: Ja, das lohnt sich – in dieser Woche bin ich den besten Schnee gefahren, den ich je unter meine Ski bekommen habe - und ja, das Filmteam sollte kommen! Eine weitere Woche verging, bis die Jungs schließlich alle in Zabljak ein- getroffen waren.Ab diesemZeitpunkt wars allerdings vorbei mit dem Jahr- hundertwinter am Balkan – perfektes Timing.DasWetter wurde schlecht, und es wurde immer wärmer und der Wind wurde zunehmend stärker. Uns war klar, dass wir ordentlich reinhauen mussten. Wir sind fünf Tage am Stück Skitouren gegangen, haben gefilmt und versucht, so produktiv wie möglich zu sein. Filmtag sechs hat dem ganzen aber dann noch die Krone aufgesetzt.Nach fünf Tagen Skitouren und Drehen freuten wir uns alle auf einen Ruhetag. Aber wie so oft kommt es anders: Am Ende des fünften Tages fahren wir noch die eine Rinne. Plötzlich sehen wir hinter der Kuppe auf der anderen Talseite das Bilderbuchface, eine Wahnsinns Location, ein mega Berg- rücken. Sicher, der Zustieg war wirklich lang und weit, zuerst durch das ganze Tal rein und dann noch vier Stunden Aufstieg.Aber das Face sah zu gut aus.OK, es nützt nichts,wir müssen das morgen einfach noch machen. Unser Wecker klingelte um ein Uhr morgens.Mitten in der Nacht mach- ten wir uns auf den Weg zu unserem vermeintlich letzten Face für diesen Film, alle dachten dasselbe: „Wenn wir das heute noch bei gutem Wetter in den Kasten kriegen, dann sind wir fertig.“ Die frischen Tierspuren im Schnee – inklusive Bären- und Wolfsspuren – haben unsere Aufregung nicht unbedingt gemindert. Jeder fährt noch einen Warmup-Run, dann gehen wir den Aufstieg an. Nach vier Stunden Plackerei stehen wir dann oben amEinstieg – undWolken ziehen auf.Kurzzeitig machte sich da echt mal der Frust breit. Skifahren bzw. filmen hatte zu diesemZeitpunkt keinen Sinn mehr – Raphi,Moggä, Vale und Flo sind schließlich heimgefahren. Fabi und ich hatten andere Pläne: Wir wollten auf Ski in den Kosovo zu Freunden von uns. Sie betreiben im Ereniku Tal auf der Südseite des Gje- ravica das Catskiing-Unternehmen Lynx Freeride.Wir freuten uns auf ein paar Tage Catskiing, davor mussten wir aber erstmal hinkommen. Glück- licherweise bekamen wir von Freunden den Kontakt eines Einheimischen im letzten Ort vor der kosovarischen Grenze, der hat uns so weit wie mög- lich hochgefahren.Von dort gings dann auf Ski weiter – was für eine Mis- sion! Nach sieben oder acht Stunden kamen wir endlich bei unseren Freunden von Lynx Freeride an. Wir genossen dort die paar superentspannte Tage in der Lodge mit ihnen, aber leider machten uns auch hier Wind und Wetter einen Strich durch die Rechnung - die Pistenraupe blieb unbenutzt. Und als ob der verkappte Filmdreh und die unbenutzte Cat nicht schon frustrierend genug gewesen wäre, hab ich mir amWeg in den Kosovo auch noch die Schulter ausgekugelt.Nicht bei einem Sturz in einer Mörderline, oder bei einer verhauten Landung, nein: Ich hab beimAusgleichen in einer Sturmböe im Stehen eine blöde Bewegung mit meiner Schulter gemacht und zack, draußen war sie.Also ruhigstellen, langsammachen, und erst ein paar Tage später gings dann wieder. Nach diesemAbstecher in den Kosovo tourten wir also wieder zurück nach Montenegro – und der Rückweg war noch beschwerlicher als der Hinweg. Im Nebel und bei Schneesturm nahmen wir eine andere Route, und das bei superbatzigem, schwerem Schnee.Wir waren vielleicht erleichtert, als
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