Bergstolz Issue No. 79

52 JAPAN Bergstolz Ski & Bike Magazin • 11 | 2018 uns, als von einer Minute auf die andere ein kräftiges Whiteout aufzog. Mit dem Nebel rasselten auch die Temperaturen in den Keller und wir legten eine Zwangspause ein, um Dau- nen- und Windjacke zu adjustieren. Zeitglich trafen wir auf zwei Amis, die bereits die Fahnen gestrichen hatten und uns beim Abfahren noch „see ya at the onsen, dudes“ zuriefen. Nach ein paar Minuten war der Spuk auch schon wieder vorbei und die Sonne konnte sich wieder ihren Platz am Himmel erkämpfen. Durch Schnee gefüllte Rinnen ging es wieder Richtung Gipfel, die verschneite Botanik erinnerte eher an eine Mond- oder Marslandschaft als ein irdisches Szenario. Doch so leicht war der Yotei nicht zu haben, gut hundert Meter vor dem erahnten Gipfel schlug das Wetter wieder um und der Berg zeigte uns seine kalte Schulter. Schnee und ein eiskalter Wind pfiffen uns um die Ohren. Inmit- ten der kalten Nebelsuppe trafen wir auf eine Gruppe Eidgenossen, die bereits schon länger mit den Widrig- keiten zu kämpfen hatten. Sie stärkten sich bei ein paar Scheiben Bündnerfleisch und beschlossen anschließend abzufahren. Auch bei uns kamen die ersten Zweifel auf, doch wir waren nicht so weit gekommen, um so knapp vor dem Gipfel aufzugeben. Mit unseren Schaufeln gru- ben wir uns eine kleine Schneehöhle, um so, so gut es ging, gegen den Sturm geschützt zu sein. Bei ein paar leckeren Lachs-Reis Häppchen und selbstgemachtem Zirbenschnaps trotzen wir dem Sturm und tanken neue Kräfte. Einstimmig wurde beschlossen, wir sitzen es aus... solange Schnaps da war. Der Yotei hatte dann doch noch Erbarmen mit uns. Der Nebel sank immer weiter Richtung Tal und die ersten Umrisse des Vulkans wurden sichtbar. Stille... der mit frischem Schnee ge- füllte Krater ließ uns sprachlos werden... was selten der Fall ist. Über den zuckerwatteartigen, aber steinharten Kraterrand, liefen wir zu unseren Drop-Ins, die vorher sorgfältig gespotet wurden. 3-2-1 drop-in! Die anfäng- lich zögerlichen Schwünge wichen fetten Powerturns mit Sprüngen über verschneite Kraterfelsen. Mit einem Ausbruch voller Freude und high fives wurden wieder die Felle aufgezogen und zum zweiten Run angesetzt. So verging der Nachmittag wie im Fluge und ein High- light jagte das andere. Die Sonne verabschiedete sich langsam am Horizont und der Krater tauchte in gelbröt- liches Licht, was nur sehr schwer in Worte zu fassen oder auf Bildern festzuhalten ist. Wieder auf dem Kra- terrand angekommen, wurde die 1500mAbfahrt ins Tal in Angriff genommen. Die gefüllten Schneerinnen und der einsetzende Sunset versetzten uns in wahre Japow- Extase. Der Tag wich immer mehr der Nacht und der Weg durch denWald immer mehr zur Irrfahrt. Stirnlam- pen: Fehlanzeige. Lediglich die Handys brachten etwas Licht in die dunkle Angelegenheit. Die gegenüberlie- gende Flutlichtanlage des Nachtskigebiet Niseko erwies sich als die erhoffte Rettung und so orientierten wir uns an den Lichtern des Skigebietes. Bei bestem Sapporo Hopfensaft wurde noch lange über den Tag philosophiert und die Erinnerungen in Worte verpackt. Ich meine, privilegiert wäre das passende Adjektiv für eine Vulkanbesteigung mit Kraterabfahrt. Sicherlich nicht auf jeder Bucketlist eines Freeriders, und sicherlich auch nicht immer durchführbar, aber immer einen Versuch wert und wenn es dann wirklich klappt, ein ganz besonderes Erlebnis. So hatte uns das zwischenzeitliche Gut-Wetter-Hoch doch noch Freude bereitet und es bewies sich wieder einmal, dass Durch- haltevermögen auch belohnt wird. Arigatou!!!!

RkJQdWJsaXNoZXIy Mzk0ODY=